Angela Merkel als CDU-Vorsitzende bestätigt
Angela Merkel will ihrer Partei Selbstbewusstsein einimpfen. Nach dem schwarz-gelbem Holperstart ist Aufbauarbeit nötig. Die Kanzlerin und Parteichefin betonte in ihrer Rede beim Karlsruher Parteitag auch die christlichen Wurzeln der CDU. Der Parteitag dankt mit Riesenapplaus und bestätigt die Vorsitzende anschließend im Amt.

Bei der Wahl am Montagnachmittag erhielt Merkel nach Parteiangaben 90,4 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Vor zwei Jahren war sie mit 94,8 Prozent im Amt bestätigt worden. Merkel führt die CDU seit April 2000. In Karlsruhe schwor die Kanzlerin ihre Partei mit scharfen Attacken auf SPD und Grüne sowie einem eindringlichen Appell zur Geschlossenheit auf das Superwahljahr 2011 ein. "Die SPD ist auf der Flucht vor der Realität, sie verspielt damit ihren Auftrag als zweite Volkspartei in Deutschland", sagte sie.

"Werft die Prognosen in den Papierkorb", rief Merkel den Delegierten angesichts mieser Umfragewerte zu. Eine geschlossene CDU habe beste Chancen bei den anstehenden Wahlen unter anderem Ende März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. "Wir sind wir." Eine Wiederauflage der großen Koalition mit der SPD sei trotz des enttäuschenden Starts von Schwarz-Gelb keine Alternative. Ein schwarz-grünes Bündnis nannte Merkel ein "Hirngespinst", weil die Grünen sich als Protestpartei gegen die Bundesregierung profilierten. Union und FDP hätten bei den künftigen Wahlen einen Auftrag von "geradezu historischer Tragweite": "Wir müssen unserem Land Rot-Rot-Grün ersparen."

"Enttäuschung über den Anfang"

Merkel kritisierte aber auch den Umgang innerhalb ihrer Koalition. "Die Enttäuschung über den Anfang der christlich-liberalen Regierung wiegt umso schwerer, als wir doch elf Jahre gewartet, gekämpft, gehofft, darauf hingearbeitet haben." Die Parteichefin hielt der Opposition vor, Politikverdrossenheit zu schüren. Im Umgang mit dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler habe es SPD und Grünen an politischem Anstand gefehlt. "Wir brauchen uns nicht zu wundern, dass sich viele Menschen angewidert von politischen Parteien und Politikern abwenden, wenn die Politik ihrerseits das Gespür selbst für die Grenzen des Anstands verliert." Köhler war Ende Mai zurückgetreten. Zuvor war ein Interview auf heftige Kritik gestoßen, in dem er Auslandseinsätze der Bundeswehr auch mit Wirtschaftsinteressen begründet hatte.

Merkel stärkte Finanzminister Wolfgang Schäuble den Rücken, um den es wegen seines Umgangs mit seinem Pressesprecher und seiner angeschlagenen Gesundheit Wirbel gibt. "Dies war kein einfaches Jahr für Wolfgang Schäuble. Ich danke ihm für seine Kraft, seine Ausdauer und seine Arbeit als Finanzminister", sagte die Kanzlerin. Mit Spannung wurde erwartet, welches Ergebnis Schäuble bei den Wahlen zum Präsidium erhält. Vor zwei Jahren waren es 85,4 Prozent.

Rasche Steuersenkungen lehnte Merkel erneut ab. Niedrigere Steuern blieben zwar auf der Tagesordnung, Vorrang habe aber die Haushaltskonsolidierung. Bei der Reform der Kommunalfinanzen werde sie Schäuble unterstützen, kündigte die Kanzlerin an. Merkel betonte die christlichen Wurzeln der CDU. "Der Kompass ist das "C" in unsererm Namen." Sie sprach sich erneut gegen Gentests an Embryonen aus. "Ich bin für ein Verbot für die Präimplantationsdiagnostik, weil ich die Sorge habe, dass wir die Grenzen nicht richtig definieren können." Am Abend wollte der Parteitag über den Umgang mit dieser Untersuchungsmethode abstimmen.

"Wer hier leben will, muss Deutsch lernen

Klare Spielregeln forderte Merkel im Umgang mit Migranten. "Wer hier leben will, muss Deutsch lernen. Wer das tut, ist uns willkommen." Dies gelte auch für alle Migranten, die die deutschen Gesetze und Werte achteten. Anderenfalls müssten sie mit Sanktionen rechnen. Die Debatte über die Rolle des Islam in Deutschland und die Zuwanderung habe gezeigt, dass die CDU selbstbewusst das christliche Menschenbild vertreten müsse. "Es ist ja nicht so, dass wir ein Zuviel an Islam haben, wir haben ein Zuwenig an Christentum." Die Kanzlerin machte sich trotz der Proteste für das Bahnprojekt Stuttgart 21 stark. "Irgendwann kommt ein Punkt, da muss demokratisch entschieden werden." Sie sei für Bürgerbeteiligung, aber es könne nicht sein, dass nach einer Entscheidung Demonstrationen kämen und ein Projekt eingestampft werde.

Die CDU-Vorsitzende warb erneut für das Aussetzen der Wehrpflicht, über das am Abend abgestimmt werden soll. "Wir sind heute von Freunden umgeben, aber dafür haben wir neue Bedrohungen. Deshalb sehen wir heute eine sicherheitspolitische Notwendigkeit für die allgemeine Wehrpflicht nicht mehr gegeben." Die rund 1.000 Delegierten feierten die Kanzlerin nach ihrer Rede etwa zehn Minuten lang mit großem Beifall.

dpa