Drogenkonsum als Phänomen der Jugend
Cannabis, Ecstasy oder Crack: Fast jeder zehnte Deutsche zwischen 18 und 39 Jahren nimmt illegale Rauschmittel. Die Bundesdrogenbeauftragte Mechthild Dyckmans wird für ihren Kampf gegen den Missbrauch gelobt, doch neue Zahlen belegen: Sie hat noch viel zu tun.
11.11.2010
Von Martin Moravec

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) schätzt ihre Tatkraft. Und die braucht Dyckmans in ihrem Job auch. Denn der Jahresbericht, den die Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) am Donnerstag in Berlin vorlegte, ist besorgniserregend. Fast jeder zehnte der 18- bis 39-jährigen Deutschen hat 2009 mindestens einmal eine illegale Droge genommen. Vor allem jüngere geben sich gern dem Cannabis- oder Kokainrausch hin, bei den unter 30-Jährigen liegt der Anteil der Konsumenten sogar bei 14 Prozent. Rauschgift sei ein "Phänomen der Jugend", heißt im Bericht.

Cannabis bleibt die Nummer eins

"Maßnahmen der Drogen- und Suchtpolitik in Deutschland wirken", sagt Dyckmans und verweist auf Präventionsprojekte oder verschiedenste Hilfseinrichtungen. Gleichwohl müssten Veränderungen beim Angebot und dem Konsum illegaler Drogen aufmerksam beobachtet werden. So kämen neue synthetische Drogen auf den Markt, sagt die 59-Jährige, die seit einem Jahr im Amt ist.

Unangefochtene Nummer eins bei den illegalen Drogen ist Cannabis. Der aus Hanf gewonnene Stoff wird vor allem von 18- bis 39-Jährigen genommen, 9,3 Prozent dieser Altersgruppe griffen 2009 mindestens einmal zu. Der Wert lag um 0,1 Punkte höher als bei der letzten Erhebung 2006. "Die Zahl der problematischen und intensiven Konsumenten geht offensichtlich nicht zurück", sagt Dyckmans. "Diese Gruppe müssen wir bei der Prävention gezielt in den Blick nehmen." Hingegen sei der Konsum von Kokain in Deutschland vergleichsweise niedrig, meinte Dyckmans. 1,6 Prozent der 18- bis 39-Jährigen nahmen laut Jahresbericht Kokain oder Crack, ebenso viele Amphetamine.

Mehr als 1.300 Tote im Vorjahr

9,9 Prozent der 18- bis 39-Jährigen gaben sich nach den Daten der Beobachtungsstelle im Vorjahr illegalem Rauschgift hin. Bei der letzten Erhebung 2006 war der Wert um 0,3 Punkte niedriger. Der Anteil der Männer ist fast doppelt so hoch wie der der Frauen. Der Preis ist hoch: 1.331 Menschen kamen 2009 in Deutschland durch den Konsum illegaler Substanzen ums Leben.

Nicht nur wegen dieser Zahlen sieht Wolfgang Götz, der Chef der EU-Drogenbeobachtungsstelle (EBDD), noch viel Arbeit im Kampf gegen den Drogenmissbrauch. "Wir sind von einer Entwarnung weit entfernt", sagt er. Immerhin vier Millionen Europäer konsumieren täglich oder fast täglich Cannabis. Und: Die EU und Norwegen verzeichnen 1,35 Millionen regelmäßige Konsumenten von Opiaten. Jeder fünfte Drogenkonsument, der sich in Europa in Behandlung begibt, ist nach EBDD-Angaben älter als 40 Jahre. Daher sieht die Behörde auf die Gesellschaft eine Kostenlawine zurollen. Die Behandlung von Älteren sei teuer, weil sie besondere Therapien benötigen.

dpa