Erneut Anschläge auf Christen im Irak
Zehn Tage nach einer blutigen Geiselnahme in einer katholischen Kirche haben Terroristen in Bagdad erneut Christen angegriffen. Der Bagdader Erzbischof wirft der Regierung Untätigkeit vor.

Nach erneuten Anschlägen auf Christen im Irak hat der syrisch-katholische Erzbischof von Bagdad, Atanase Matti Shaba Matoka, der irakischen Regierung Untätigkeit vorgeworfen. "Trotz aller Versprechen tut die Regierung nichts, um die Gewaltwelle zu bremsen", sagte er am Mittwoch nach Angaben des Senders Radio Vatikan. Die irakische Regierung sei derzeit nicht in der Lage, die Gewalt einzudämmen, kritisierte auch der evangelische Auslandsbischof Martin Schindehütte. Der Vorsitzende des Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU, Thomas Rachel, forderte die irakische Regierung auf, die Sicherheit der Christen im Land zu gewährleisten.

"Gezielte Auslöschung einzelner Christen"

Bei einer Anschlagsserie auf Häuser von Christen in der irakischen Hauptstadt Bagdad wurden Medienberichten zufolge mindestens fünf Menschen getötet und 24 weitere verletzt. Am Mittwochmorgen explodierten innerhalb weniger Minuten mehrere Sprengsätze in überwiegend von der christlichen Minderheit bewohnten Bezirken der irakischen Hauptstadt. Bereits am Dienstagabend waren Bombenanschläge auf drei Häuser im Besitz von Christen verübt worden. Dabei war jedoch niemand verletzt worden.

"Man will uns vertreiben und ist dabei erfolgreich", kritisierte der Erzbischof von Bagdad. Angesichts der jüngsten Attentatsserie forderte er die internationale Gemeinschaft auf, für mehr Sicherheit zu sorgen. "Wir müssen damit rechnen, dass die Gewalt irakische Christen weiter aus dem Land treibt", sagte Schindehütte dem epd. Um das zu verhindern, müsse das Machtvakuum im Land beendet werden.

Der Weltkirchenrat in Genf verurteilte die Angriffe als "kriminelle Akte des Terrors". Rachel sprach von einer "gezielten Auslöschung einzelner Christen", um Angst und Schrecken zu verbreiten. Der Vorsitzende des Evangelische Arbeitskreises der CDU/CSU sowie die kirchenpolitischen Sprecher von Union und FDP, Maria Flachsbarth und Stefan Ruppert, zeigten sich besorgt über eine weltweit zunehmende Christenverfolgung. Die bedrängte Lage der Christen weltweit müsse auch in der deutschen Außenpolitik zunehmend thematisiert werden. Wenn die Lage im Irak weiter eskaliere, müsse zudem über eine erneute Aufnahme von irakischen Flüchtlingen in Deutschland nachgedacht werden, forderte Ruppert.

Anschläge auf über 60 christliche Kirchen

Bereits vor einer Woche wurden bei einer Geiselnahme in einer chaldäisch-katholischen Kirche im Bagdader Stadtteil Karrada mehr als 50 Menschen getötet, darunter vor allem Gottesdienstbesucher. Zu der Terroraktion bekannte sich eine irakischer Ableger des islamistischen Netzwerks Al Kaida, das weitere Angriffe auf Christen im Irak ankündigte.

Am Freitag wollen in Deutschland lebende Assyrer mit Mahnwachen an das Geiseldrama in Bagdad erinnern. Seit dem Ausbruch des Irak-Krieges 2003 seien Anschläge auf über 60 christliche Kirchen verübt worden, erklärte der Zentralverband der assyrischen Vereinigungen in Deutschland und europäische Sektionen. Mit zentralen Mahnwachen in Augsburg, Gütersloh, Heilbronn und Gießen solle die Stimme gegen die Verfolgung der Christen im Irak erhoben werden.

Durch die zahlreichen Anschläge auf Kirchen und kirchliche Einrichtungen in den vergangenen Monaten hat sich die Situation für die Christen im Irak verschärft. Die Zahl der Christen im Irak halbierte sich in den vergangenen zehn Jahren von 1,2 Millionen auf 600.000, das sind etwa 1,6 Prozent der Bevölkerung.

 

epd