"Marie und die tödliche Gier", 17. November, 20.15 Uhr im Zweiten
Manchmal dauert es eben etwas länger, bis man die Richtige findet; selbst wenn es dann doch wieder eine Marie ist. Acht Jahre oder 65 Folgen lang war Mariele Millowitsch für das ZDF Marie Malek, eine der "girl friends". 2004 stieg sie aus. Jahrelang hat der Sender nach einer neuen Rolle für die Kölnerin gesucht. Gefunden hat man wieder eine Marie; aber damit enden die Parallelen auch.
Heute zeigt das "Zweite" noch mal den Auftakt zur neuen Krimireihe "Marie Brandt". Die Kommissarin unterschiedet sich von den TV-Kolleginnen schon allein wegen der Vorgeschichte: Früher war sie bei der Mordkommission, die sie aber verließ, als ihr Chef im Dienst ermordet wurde; er war ihr Vater. Nun arbeitet sie im Bereich Einbruch/Diebstahl, aber als sie für die Kollegen von der Bereitschaft einspringt, wird sie doch wieder mit einem Todesfall konfrontiert: Im luxuriösen Eigenheim des Ehepaars Fischer (Götz Schubert, Lavinia Wilson) ist eine junge Frau erschossen worden, die sich um die Blumen kümmert. Für den zuständigen Kommissar Simmel (Hinnerk Schönemann) ist der Fall klar: Ein Einbrecher ist auf frischer Tat ertappt worden.
Dank ihres Blicks für Details rekonstruiert Marie einen anderen Tathergang: Sie ist überzeugt, dass die Tote Opfer eines gezielten Anschlags wurde, der allerdings nicht ihr galt. Weil außer Marie niemand an diese Theorie glaubt, muss sie wohl oder übel selbst ermitteln, widerwillig unterstützt von Simmel, dessen Worte und Werke ohnehin in erster Linie ihm selbst und seinem wirkungsvollen Auftritt gelten. Sogar Simmel aber muss anerkennen, dass Marie ganz schön clever ist. Gemeinsam finden sie raus, dass Fischer, der als Anwalt einer Glaubensgemeinschaft agiert, Dreck am Stecken und die schwerreiche Sektenführerin um viel Geld betrogen hat.
Die Figuren passen vortrefflich zusammen
Der von René Heisig zügig inszenierte Film lebt vor allem vom Gegensatz seiner beiden Hauptfiguren, die einander wie Kopf und Herz ergänzen: hier Marie, buchstäblich hochbegabt, was aber nur am Rande erwähnt wird, etwa beim Hinweis auf ihre Vorliebe, zur Entspannung mit Primzahlen zu jonglieren, oder gleichzeitig und beidhändig zwei Formulare auszufüllen; dort Simmel, den Schönemann mit heiterem Ernst ("Ich bin hervorragend psychologisch ausgebildet") als nur mäßig intelligentere Version seines unterbelichteten Polizisten aus der ProSieben-Serie "Dr. Psycho" anlegt.
Vor allem in der Zeichnung dieser Figuren zeigt sich die Qualität des Drehbuchs von Alexander Adolph, dem Grimme- und Fernseh-preisgekrönten Erdinder von "Unter Verdacht". Gerade weil die Rollen und ihre Darsteller kaum widersprüchlicher sein könnten, passen sie so vortrefflich zusammen; und das nicht nur, wenn Marie beispielsweise Simmels Dialoge "übersetzen" muss. Selbst purer Slapstick fügt sich nahtlos ins Gesamtbild ein: Als Marie eigentlich nur nach einem Fotoalbum greift und prompt das komplette Regal zusammenbricht, hat das durchaus Loriot-Qualität.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).