TV-Tipp: "Bella Block: Das schwarze Zimmer" (ZDF)
Als in einem Hamburger Kanal die in Plastik verpackte Leiche einer vor sieben Jahren verschwundenen Frau entdeckt wird, bittet Staatsanwalt Mehlhorn die Hauptkommissarin im Ruhestand, nach Stockholm zu reisen.
09.11.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Bella Block: Das schwarze Zimmer", 13. November, 20.15 Uhr im Zweiten

Wir haben alle unser schwarzes Zimmer; und wir vermeiden es nach Möglichkeit aus gutem Grund, diesen Raum zu betreten. Im Falle des Stockholmer Immobilienmaklers Gunnar Andersson ist dieses Zimmer ein Raum im Keller. Was er dort als Kind erlebt hat, war so schrecklich, dass seine Seele für immer Schaden genommen hat. Aber macht ihn das auch zu einem Mörder?

Autorin Susanne Schneider nutzt für ihre Handlung mit Hingabe alle Freiheiten, die Bella Block seit ihrem Ausscheiden aus dem Polizeidienst hat. Und Hannelore Hoger gelingt es mit Hilfe des Drehbuchs, der Hauptfigur unter der Regie von Rainer Kaufmann auch nach 17 Jahren noch neue Seiten abzugewinnen. Diesmal muss die Ermittlerin lernen, mit der Verachtung zu leben, die sie für sich selbst empfindet.

Zunächst gehorcht die Geschichte dem üblichen Krimischema: Als in einem Hamburger Kanal die in Plastik verpackte Leiche einer vor sieben Jahren verschwundenen Frau entdeckt wird, bittet Staatsanwalt Mehlhorn (Hansjürgen Hürrig) die Hauptkommissarin im Ruhestand, nach Stockholm zu reisen. Dort lebt der Witwer, den damals sogar die eigenen Kinder für den Mörder hielten. Offiziell darf nach dem Freispruch nicht mehr gegen ihn ermittelt werden. Inoffiziell auch nicht, wenn es nach Bella Block ginge, denn sie erliegt alsbald dem Charme des großen Schweden; selbst wenn sie spürt, dass er ein düsteres Geheimnis hütet.

Hannelore Hoger und Rolf Lassgård waren schon in dem ebenfalls unter der Regie von Rainer Kaufmann entstandenen Drama „Ellas Geheimnis“ ein faszinierendes Paar. Hier erhöht sich der Reiz noch, weil Lassgård seine Popularität den Kommissaren Beck und Wallander verdankt. Das macht ihn zur perfekten Besetzung für einen Mordverdächtigen, den man gemeinsam mit der weiblichen Hauptfigur gern für unschuldig hält. Äußerst geschickt verstehen es Buch, Regie und Darsteller, die Balance zu halten: hier das Kierkegaard-Zitat „Der Hass ist die Liebe, die gescheitert ist“; dort die offenkundige Seelenverwandtschaft zwischen der Deutschen und dem Schweden, die durch Bella Blocks Panikattacken noch verstärkt wird. Andersson kümmert sich rührend um sie, als sie vor seinem Büro von Angstzuständen übermannt wird. In diesen Szenen ist die unruhige Bildgestaltung von Kaufmanns Stammkameramann Klaus Eichhammer, die zuletzt in dem Kindsmorddrama „In aller Stille“ noch so unmotiviert wirkte, auch völlig angebracht. Ein großartiger düsterer Krimi, der auch in den Nebenrollen wunderbar treffend besetzt ist.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).