"Wie ein Stern am Himmel", 12. November, 20.15 Uhr im Ersten
Der Film funktioniert genauso wie viele andere Werke mit Christine Neubauer: Erneut spielt sie eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht, Probleme anpackt und souverän meistert, während die Männer noch zaudern und zögern. Die Unterschiede zwischen den Geschichten sind meist äußerlicher Natur; mal tragen sie sich in Afrika, mal in den Alpen zu. Die Handlung ist meistens melo- und mindestens dramatisch: Entweder geht es um die große Liebe oder um einen Skandal; und Neubauer bleibt ohnehin Neubauer.
All das gilt auch für "Wie ein Stern am Himmel"; trotzdem ist der Film durchaus sehenswert. Neubauer und David C. Bunners verkörpern ein Ehepaar, das keine Kinder kriegen kann. Nachdem allerlei bürokratische Hürden überwunden sind, können sie ein chilenisches Mädchen adoptieren, und da die kleine Araceli dank Darstellerin Lilli Gerber ein Kind mit großen brauen Augen und ernstem Gesicht ist, kann man sehr gut nachvollziehen, dass für Marlen und Henning Born nach dem ersten Treffen feststeht: die oder keine. Auch in Chile muss sich das Paar auf Herz und Nieren prüfen lassen, die Mühlen der Bürokratie mahlen eher noch langsamer als in Deutschland, die Mitarbeiter der Adoptionsbehörden sind nicht unbedingt kooperativ. Und dann ändert sich die Handlung radikal: Die Kinder im Waisenhaus erkranken an Hirnhautentzündung, auch Araceli droht zu sterben.
Die unerwartete Richtungsänderung der Handlung (Buch: Natja Brunckhorst und Jacqueline Tillmann) tut dem Film gut, weil Christine Neubauer jetzt endlich andere Akzente setzen kann. Marlen ist medizinisch-technische Assistentin. Daher weiß sie auch, dass es für die Resistenz des Erregers gegen das verabreichte Antibiotikum nur eine Erklärung geben kann: Die Kinder müssen Antibiotika mit der Nahrung aufgenommen haben. Des Rätsels Lösung ist eine Lachsfarm vor der Küste, aber die ist besser gesichert als jede Bank.
Schon vor der Handlungswendung hat Neubauer gute Momente. Gerade die Szenen mit der ausgezeichnet geführten kleinen Lilli gehen immer wieder zu Herzen, etwa, wenn Marlen das Vertrauen des Mädchens gewinnt, indem sie eine Puppe spielt. Die Zwistigkeiten zwischen den Eheleuten sind ebenfalls sehr lebensnah: Henning mahnt zur Geduld, während die Gattin der Sache auf den Grund gehen will. Eindeutig noch eine Stufe besser aber wird der Film (Regie: Hartmut Griesmayr), als Marlen endlich handeln kann und sich mit dem Chef der Fischfabrik anlegt; der entpuppt sich zudem als ausgerechnet jener Charmeur, der ihr schon öfter über den Weg gelaufen ist.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).