Die Deutsche Welthungerhilfe und terre des hommes haben die deutsche Entwicklungshilfe als zu gering kritisiert. Trotz der Verpflichtung, die Ausgaben bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen, habe die Hilfe im vergangenen Jahr einen "Milliardenabsturz" auf einen Anteil auf 0,35 Prozent erlebt, sagte der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Wolfgang Jamann, am Montag in Berlin. Mit 8,6 Milliarden Euro war sie 2009 um zwölf Prozent niedriger als im Jahr davor.
Politische Zusage und tatsächliche Haushaltsplanung
Dass es möglich sei, auch in der Krise die Hilfe für bedürftige Länder zu erhöhen, zeigten laut Jamann Frankreich mit einem Plus von 16,9 Prozent, Großbritannien (14,6 Prozent), Finnland (13,1 Prozent) und Belgien (11,5 Prozent). Für dieses Jahr sehe der EU-Stufenplan für Deutschland einen Anteil von über 0,51 Prozent am Bruttonationaleinkommen vor, das Entwicklungsministerium rechnet aber mit 0,4 Prozent.
Dabei dürfe bei dieser Zahl nicht vergessen werden, dass aktuell lediglich knapp 40 Prozent tatsächlich an Hilfe in die einzelnen Länder fließe, sagte Jamann. "Der Rest sind Schuldenerlasse, Nothilfe, Verwaltungskosten, Kosten für Asylbewerber oder die kalkulatorischen Kosten von Studierenden aus Entwicklungsländern in Deutschland." Der Etat des Entwicklungsministeriums liegt 2010 bei 6,07 Milliarden Euro.
"Der Stufenplan ist nicht nur eine internationale Verpflichtung, er ist auch Gradmesser für die internationale Solidarität Deutschlands", betonte Jamann. "Die Diskrepanz zwischen der politischen Zusage und der tatsächlichen Haushaltsplanung der Bundesregierung könnte kaum größer sein", fügte er bei der Vorstellung des "18. Berichtes zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe" hinzu.
Niebels Entwicklungspolitik anprangert
Kritisch sehen die Hilfswerke auch den Strategiewechsel unter Minister Dirk Niebel (FDP) hin zu einer engeren Anbindung von Unternehmen an die Entwicklungspolitik. Die Mittel für "Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft" seien in diesem Jahr um ein Viertel auf 60 Millionen Euro erhöht worden.
Der Schwerpunkt der Kooperationen liege in Asien, nur ein Viertel entfalle auf Afrika. Dies berge die Gefahr, "dass dieses Geld zur Armutsbekämpfung und zur Stärkung öffentlicher Bildungs- und Gesundheitssysteme in den armen Ländern fehlt", warnte Danuta Sacher, Geschäftsführerin des Kinderhilfswerks terre des hommes. "Es wäre fatal, wenn die Regierung die deutsche Entwicklungspolitik deutlich stärker den Anliegen und Wünschen der deutschen Wirtschaft anpassen würde."
Die beiden Hilfswerke forderten eine Überprüfung der Kooperationen mit der Wirtschaft auf deren Wirksamkeit. Als neue Finanzierungsquellen schlugen sie der Bundesregierung vor, die Flugticketabgabe vollständig für entwicklungspolitische Aufgaben zu verwenden. "Länder wie Frankreich, Chile und Korea haben es vorgemacht", sagte Jamann.