Die evangelische Kirche im Gorlebenkonflikt
Der zwölfte Castor-Transport aus Frankreich war am Sonntag auf seinem Weg in das niedersächsische Zwischenlager Gorleben. Dagegen protestierten im Landkreis Lüchow-Dannenberg am Wochenende mehrere zehntausend Menschen, mehr als je zuvor in der Region. In dem seit mehr als drei Jahrzehnten schwelenden Konflikt um die Gorlebener Atomanlagen schaltete sich immer wieder auch die evangelische Kirche ein - von den Ortsgemeinden bis in höchste Gremien.

Seelsorger vermitteln bei Konflikten:

Während der Proteste gegen den Transport mit hochradioaktivem Atommüll vermitteln Seelsorger seit Jahren bei Konflikten zwischen Demonstranten und der Polizei, um Gewalt zu verhindern. Dieses Mal waren rund 70 Frauen und Männer im Einsatz, mehr als je zuvor. Die Seelsorger sind an weißen Signalwesten zu erkennen. Regelmäßig dokumentieren sie auch, was sie beobachten, und veröffentlichen dazu Berichte. Die Hundertschaften der Polizei werden von Polizeiseelsorgern aus den einzelnen Bundesländern bei ihrem Einsatz begleitet.

Stellungnahmen der Kirche:

Die evangelische Kirche hat sich bis in ihre höchsten Gremien zur deutschen Atompolitik geäußert. Alle Stellungnahmen fordern einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie. Die Atomtechnologie verlange eine Perfektion, die von Menschen nicht zu leisten sei, hieß es aus der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Viele hochrangige Kirchenvertreter lehnen die Castor-Transporte in das oberirdische Zwischenlager Gorleben ab. Sie fürchten, dass mit jedem Transport auch der nahe gelegene Salzstock als Endlager wahrscheinlicher wird, noch bevor überhaupt feststeht, ob er dafür geeignet ist.

Die Kirche fordert, dass außer Gorleben mindestens ein weiterer Standort und ein anderes Wirtsgestein als Salz auf die Eignung als Endlager für hochradioaktiven Atommüll untersucht wird. Dabei lehnt die hannoversche Landeskirche Gorleben nicht generell ab, sollte sich der Standort im Vergleich als bester herausstellen. Die Kirche hat aber große Zweifel am bisherigen Verfahren. Sie fordert mehr Transparenz, überprüfbare Kriterien für ein Endlager und eine bessere Beteiligung der Öffentlichkeit.

Kirchengemeinden als Grundeigentümer:

Vier evangelische Gemeinden haben Grundstücke über dem Salzstock in Gorleben. Die hannoversche Landeskirche hat angekündigt, sich gegen eine mögliche Enteignung zu wehren. Anfang der 1990er Jahre war die Möglichkeit einer solchen Enteignung bereits ins Atomgesetz aufgenommen worden. Der Passus wurde später von der rot-grünen Bundesregierung zunächst gestrichen. Schwarz-Gelb will eine Enteignung wieder möglich machen.

Die Kirchengemeinde Gartow, die zu den Grundeigentümern gehört, hat unabhängig davon Ende Oktober bereits Klage gegen die weitere Erkundung des Salzstocks eingereicht. Sie wird dabei von der Landeskirche unterstützt.

epd