Die Reise führte nach Bolivien, Peru und Kolumbien - die drei wichtigsten Koka- und Kokainlieferanten der Welt. Die deutsche Entwicklungshilfe fördert ehemalige Kokabauern, die zum Anbau anderer Exportgüter wie Kakao, Kaffee und Bananen gewechselt haben, wie in der Provinz Tocache im Norden Perus. "Das hat funktioniert und es hat auch nicht funktioniert", resümiert der Minister nüchtern.
Der Koka-Anbau werde überall dort zurückgedrängt, wo die Bauern lernen könnten, andere Feldfrüchte anzubauen und sich zu Genossenschaften zusammenzuschließen. Sie bräuchten Zugang zu Infrastruktur und zu Märkten. Doch damit der Drogenanbau nicht einfach in andere Regionen ausweiche, müssten die Programme für die Bauern ausgeweitet werden. Niebel weiß aber auch, dass der Drogenhandel nicht wirksam bekämpft werden kann, so lange es nicht gelingt, den Drogenkonsum einzudämmen.
Mehr Geld für Bolivien
Bolivien und Peru sind Schwerpunktländer der deutschen Entwicklungskooperation, die für zwei Jahre 62 Millionen beziehungsweise 69 Millionen Euro erhalten. An Kolumbien gehen im Zeitraum 2007 bis 2010 insgesamt 17,5 Millionen Euro. In den kommenden Jahren kann das Land deutlich mehr erwarten.
Wenn es gelingt, deutsche Unternehmen an den Betreiber einer Wasseraufbereitungsanlage in La Paz zu vermitteln, etwa um Lecks in Wasserleitungen zu suchen, ist Niebel in seinem Element. Die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft bewertet der FDP-Politiker vor allem in Peru positiv, wo die extreme Armut bereits halbiert wurde, fünf Jahre vor dem international gesetzten Termin 2015. Viele erfolgreiche Projekte mit der Privatwirtschaft zeigten, dass Entwicklungsziele schneller erreicht werden könnten als nur mit Steuergeldern, sagt Niebel.
Kritik an Menschenrechtslage
Bolivien bereitet dem Minister dagegen Sorgen. Der sozialistische Präsident Evo Morales hat seit seiner Amtsübernahme 2006 mehrere Firmen vor allem im Energiebereich verstaatlicht oder zu neuen Verträgen gedrängt, die dem Staat einen höheren Anteil der Einnahmen garantieren. Das Geld investiert die Regierung in Sozialprogramme. Verstaatlichungen schreckten private Investoren ab, warnt der Minister immer wieder, auch gegenüber dem Präsidenten. Auch die Menschenrechtslage in Bolivien kritisiert Niebel deutlich. Er nennt besonders die Amtsenthebung mehrerer Bürgermeister wegen Korruption, bevor ihre Schuld vor Gericht bewiesen ist.
In Peru stockt Niebel die Mittel für den Bau einer Gedenkstätte für die Opfer des Bürgerkriegs der 80er und 90er Jahre auf. Deutschland übernimmt nun drei Millionen der auf 4,5 Millionen Euro geschätzten Baukosten. Niebel ist zufrieden mit der peruanischen Seite: "Dass die Regierung nach anfänglichem Zögern das Ganze zu ihrer eigenen Sache gemacht hat ist ein gutes Zeichen." Mehr als 70.000 Menschen wurden von den Rebellen des "Leuchtenden Pfades" und den Sicherheitskräften getötet, die meisten in der ersten Amtszeit des heutigen Präsidenten Alan García (1985-1990).
Konflikt in Macarena
Den Kolumbien-Besuch bestimmt eine Kontroverse über das geplante deutsche Engagement in der Konfliktregion Macarena, wo es immer wieder zu Gefechten zwischen der Guerilla und der Armee kommt. Über die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) soll dort ein Umweltkataster erstellen. Doch die kirchlichen Hilfswerke Diakonie Katastrophenhilfe, Caritas international und Misereor warnen davor, sich an einem Programm der kolumbianischen Regierung zu beteiligen: Zu stark sei die Dominanz des Militärs, dem viele Menschenrechtsverletzungen angelastet werden.
Am Ende der neuntägigen Reise kommt Niebel zu einem positiven Schluss: "Ich glaube, wir haben eine Menge zu bieten für Lateinamerika, und Lateinamerika auch für uns." Selbst seine Garderobe erfuhr manche Bereicherung. "Noch nie habe ich so viele Hüte geschenkt gekriegt wie auf dieser Reise", sagt der "Mann mit der Mütze".