Ihr erstes Gebet am Tag verrichten Muslime schon ganz früh, noch vor Sonnenaufgang. Sie legen ihren Gebetsteppich Richtung Mekka und beten auf den Knien. Was Jüngere nicht wahrnehmen, spüren viele Muslime im Laufe der Jahre: Wenn sie sich zum Gebet niederknien, schmerzen die Knie. Sogenannte orthopädische Gebetsteppiche versprechen Milderung.
Turgay Yenerer ist Inhaber eines Teppichgeschäfts in Karlsruhe und hat vor kurzem den knieschonenden Gebetsteppich "mihrab" entwickelt. Stolz präsentiert Yenerer seinen Teppich, den er als "Revolution" bezeichnet. "Die älteren Menschen müssen jetzt nicht mehr auf die vertraute Form des Betens verzichten", sagt Yenerer. "Sie können wieder beten, ohne zu leiden, und sich hundertprozentig auf ihr Gebet konzentrieren."
"Menschen bleiben in Bewegung"
In den Teppich ist eine Matte aus Mehrkomponenten-Polyurethanschaum eingenäht. Anders als bei Gymnastikmatten ist der Schaumstoff federnd. Daher sinken die Knie nicht ein, sondern werden gestützt. Dies soll laut Yenerer nicht nur Knie- und Hüftschmerzen lindern, sondern auch gegen Rückenprobleme helfen. Yenerer schwärmt von einem weiteren positiven Effekt: "Die Menschen bleiben in Bewegung." Statt im Sitzen könnten sie weiter kniend beten.
Allerdings dürfen Muslime, für die das Beten zu schmerzhaft ist, nach islamischen Regeln "in der für sie möglichen Weise beten" - etwa im Sitzen oder auch im Liegen. Dennoch sollten Kranke aber die verschiedenen Gebetshaltungen, soweit sie ihnen möglich sind, durch Körperbewegungen andeuten, heißt es beim Zentralrat der Muslime in Deutschland.
Schon in der Entwicklungsphase hat sich Yenerer immer wieder mit muslimischen Geistlichen beraten. Auch wenn es dazu keine genauen Vorschriften gibt, dürfe der Teppich nicht zu hoch und nicht zu weich sein, lautete das Fazit der Beratungen. Jetzt ist der schadstoffgeprüfte Gebetsteppich 1,5 Zentimeter hoch. Auf den ersten Blick unterscheidet er sich nicht von anderen Gebetsteppichen. Auch die Musterung ist klassisch und für 69 Euro plus Versand in den Farben rot, schwarz, braun, grün oder türkis erhältlich.
Mit Schaumstoff verstärkt
Die Idee für einen knieschonenden Gebetsteppich hatte auch Adnan Pirisan aus dem Holsteiner Schwentinental. Der gelernte Elektromeister wollte seiner Mutter das Beten erleichtern. Er entwickelte einen Teppich, der an den beanspruchten Zonen - also an Füßen, Knien und Stirn - mit Schaumstoff verstärkt ist. "Dank der Einlagen können meine Kunden auf jedem Untergrund komfortabel beten, egal wie hart er ist", sagt Pirisan stolz. Zudem lässt sich sein Teppich, der in verschiedenen Farben und Mustern zwischen 39,50 und 49,50 Euro kostet, zu einer Tasche zusammenfalten. Darin sei dann noch Platz für ein Gebetsbuch und ein Getränk.
Die Werbung für ihre Produkte, die erst seit wenigen Monaten erhältlich sind, läuft bei beiden Firmen bislang vor allem über das Internet. Und stoßen dort bei jüngeren Muslimen auf Interesse. Sie kauften den Teppich für ihre Eltern. "Auf einer Messe in Dubai waren meine Teppiche ruckzuck weg," berichtet Adnan Pirisan, der ebenso wie Yenerer Fernsehspots im türkischsprachigen Fernsehen und Anzeigen in türkischsprachigen Zeitungen plant.
Wie viele Teppiche sie verkauft haben, darüber wollen die beiden Firmen, die ihre Erfindungen jeweils patentieren lassen wollen, nichts sagen. Derzeit suchen sie Vertriebspartner. Bei rund 1,5 Milliarden Muslimen weltweit sei jedenfalls ein großer Markt vorhanden, ist sich Yenerer sicher.