TV-Tipp: "Unter anderen Umständen: Tod im Kloster"
Ein großzügiger Spender ist vom Kirchturm eines Klosters gestürzt. Obwohl es diverse Nutznießer gibt, lassen sich keine Hinweise für ein Fremdverschulden finden. Ein Suizid war es offenkundig auch nicht.
05.11.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Unter anderen Umständen: Tod im Kloster", 8. November, 20.15 Uhr im Zweiten

Wer sich ein bisschen in Filmmusik auskennt, erkennt die unverwechselbaren Klänge sofort: Der fünfte Film aus der Krimireihe "In anderen Umständen" beginnt mit einem akustischen Zitat aus James Horners Soundtrack zum mittelalterlichen Klerikal-Thriller "Der Name der Rose". Wie ein Leitmotiv zieht sich die mysteriös klingende Musik durch den Film. Die Geschichte bekommt auf diese Weise eine zweite Ebene, die perfekt zur Handlung passt. Ohnehin ist das Sounddesign, die Mixtur aus Musik und Geräuschen, sorgfältig gestaltet. In gewisser Weise stehen die Ohren in permanentem Wettstreit mit den Augen. Die Akustik vermittelt eine eindeutige Botschaft: den Bildern ist nicht zu trauen.

Dabei ist der Fall eigentlich schon geklärt, bevor der Film richtig losgeht: Ein großzügiger Spender ist vom Kirchturm eines Klosters gestürzt. Obwohl es diverse Nutznießer gibt, lassen sich keine Hinweise für ein Fremdverschulden finden. Ein Suizid war es offenkundig auch nicht. Angesichts der niedrigen Brüstung deutet alles auf einen tragischen Unglücks-Fall hin. Einzig Jana Winter (Natalia Wörner) ist skeptisch, und da sie bei der Befragung der Zeugen nicht beteiligt war, mietet sie sich für ein paar Tage im Kloster ein.

Tatsächlich hat ihr Spürsinn die Kommissarin nicht getäuscht: Das Strafregister des Pfarrers (Peter Kremer) weist auf eine bewegte Vorgeschichte hin; und da der Großteil einer großzügigen Spendenzahlung nie im Kloster angekommen ist, hätte er auch ein Motiv. Aber auch andere Bewohner des Benedikterinnenordens haben versucht, einer düsteren Vergangenheit zu entfliehen. Plötzlich gerät die Ermittlerin mitten in ein Familiendrama, und das, obwohl sie gerade selbst eine schmerzliche Nachricht bekommen hat: Vor der Küste Norwegens sind Jahre nach seinem Verschwinden die sterblichen Überreste ihres Mannes gefunden worden.

Regisseurin Judith Kennel hat auch diesen fünften Fall inszeniert. Die Kontinuität tut der Reihe gut. Die Schauspieler müssen ihre Figuren nicht immer wieder neu erfinden, bekommen aber ihre Momente. Die nutzt vor allem der wunderbare Martin Brambach als Winters Chef: Gleich mehrfach macht er aus kleinen Szenen große Auftritte, ohne sich aufzuspielen. Überhaupt ist der Film fast verschwenderisch besetzt, was die Bedeutung der Nebenrollen aber um so betont: Walter Kreye spielt den früh verstorbenen Unternehmer, Alexander Beyer seinen verdächtigen Schwiegersohn, Gudrun Landgrebe die Gattin. Wichtiger aber sind die Rollen der beiden Töchter, die von Annett Renneberg (als Schwester Benedicta) und Henriette Richter-Röhl mit angemessener Intensität verkörpert werden. Gerade die Leistungen der beiden jungen Schauspielerinnen ist Voraussetzung dafür, dass man die Sehnsucht gerade der weiblichen Figuren nach einer höheren Gerechtigkeit teilt.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).