Schwere Wahlschlappe belastet Obamas weitere Amtszeit
Die Wähler haben Präsident Barack Obama abgestraft. Seine Demokraten verloren im Abgeordnetenhaus die Mehrheit. Im Senat kamen sie wohl mit einem blauen Auge davon. Die Opposition feiert ihr Comeback. Für den mächtigsten Mann der Welt wird das Regieren schwieriger.

US-Präsident Barack Obama hat zwei Jahre nach seinem triumphalen Wahlsieg eine gewaltige Abstimmungsniederlage erlitten. Die Republikaner nahmen Obamas Demokraten am Dienstag im Repräsentantenhaus nach CNN-Prognosen mindestens 60 Sitze ab. Das wäre der größte Zugewinn einer Partei im US-Abgeordnetenhaus seit 1948. Im Senat, der kleineren Kongresskammer, dürfte die Mehrheit der Demokraten trotz Verlusten knapp erhalten bleiben. Die Republikaner kündigten an, Obamas Gesundheitsreform zu revidieren. Der Präsident bot der Opposition in Washington die Zusammenarbeit an.

Das Regieren wird für Obama nach dem Verlust des Repräsentantenhauses und mit knapperer Senatsmehrheit viel schwerer. Die Republikaner können dort künftig alle Gesetzesinitiativen torpedieren. So kündigte der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, am Mittwoch an, die Gesundheitsreform von Obama zurückzudrehen. "Ich hoffe, dass wir umgehend ein Widerrufsgesetz einbringen können, wenn wir im Januar die Mehrheit übernehmen", sagte er. Die Amerikaner hätten landesweit mit ihrer Wahl die Botschaft gesendet, dass sie die Gesundheitsreform nicht wollten, sagte Cantor dem TV-Sender CBS-News.

Frust über Erwerbslosigkeit und Schulden

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Nach Einschätzung von Experten machten Amerikas Wähler bei den Wahlen ihrem Frust über Arbeitslosigkeit und Megaschulden massiv Luft. In Nachwahlbefragungen sagten 62 Prozent der Wähler, die kraftlose US-Konjunktur sei ihre größte Sorge. In der Vergangenheit ist es schon häufig vorgekommen, dass die Partei des Präsidenten bei Zwischenwahlen wie dieser die Kontrolle über den Kongress einbüßte, so etwa die Republikaner 2006 oder die Demokraten unter Bill Clinton 1994.

In ersten internationalen Reaktionen hieß es, große Änderungen der Außenpolitik seien kaum zu erwarten. Außenminister Guido Westerwelle sagte, er rechne "nicht mit irgendwelchen Brüchen im Verhältnis zu Europa". In einem ZDF-Interview wies er darauf hin, dass es bei den Wahlen um die US-Innenpolitik gegangen sei. Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Hans- Ulrich Klose (SPD), erwartet sogar mehr außenpolitisches Engagement Obamas. Ein Bereich dafür könnte der Nahost-Konflikt sein, sagte er dem Deutschlandradio Kultur. Der Denkzettel für Obama ließ die Aktienmärkte zunächst weitgehend kalt.

"Ändere den Kurs"

"Das amerikanische Volk hat (Präsident Obama) heute eine unmissverständliche Botschaft gesandt: Ändere den Kurs", sagte in der Nacht der Republikaner John Boehner, der voraussichtlich zum neuen Präsidenten des Abgeordnetenhauses gekürt wird. Falls sich Obama dafür entscheide, sei man zur Zusammenarbeit bereit. Obama erklärte nach Angaben des Weißen Hauses in einem ersten Telefonat mit Boehner noch in der Wahlnacht seine Bereitschaft zur Kooperation.

Mehrere prominente Kandidaten der rechtspopulistischen Tea-Party- Bewegung konnten sich bei der Wahl auf der Seite der Republikaner durchsetzen. Einige mussten aber auch Niederlagen hinnehmen. Christine O'Donnell, die Senkrechtstarterin der ultrakonservativen Bewegung, scheiterte bei der Senatswahl in Delaware. Sie hatte nach eigenen Angaben früher mit Hexenkraft experimentiert, Sex außerhalb der Ehe und Masturbation als Sünde verdammt und die Gesundheitsreform von Präsident Obama als Verbrechen bezeichnet.

Mehrheit im Senat geschrumpft

Die Demokraten hatten vor der Wahl im Senat 58 Sitze, zwei unabhängige Senatoren stimmten stets mit ihnen. Nun wird die Mehrheit deutlich knapper werden und auf 51 oder 52 Sitze zusammen schrumpfen. Die Niederlage im Abgeordnetenhaus fällt massiv aus: Der Sender CNN erwartet einen Zugewinn der Republikaner von mindestens 60 Sitzen. Die Republikaner schafften es außerdem, der Obama-Partei mindestens zehn Gouverneursposten abzuknöpfen: In den bislang demokratisch regierten Staaten Ohio, Pennsylvania, Iowa, Kansas, Oklahoma, Tennessee, Michigan, Wyoming, New Mexico und Wisconsin. Insgesamt wurde über 37 Gouverneursposten abgestimmt.

Bei den Gouverneurswahlen im Bundesstaat New York und in Kalifornien erlitten die Republikaner hingegen eine Niederlage. Tea-Party-Kandidat Carl Paladino verlor einer CNN-Prognose zufolge im "Big Apple" gegen den Demokraten Andrew Cuomo. Und in Kalifornien setzte sich Jerry Brown als Nachfolger des Republikaners Arnold Schwarzenegger gegen die frühere Ebay-Chefin Meg Whitman durch. In dem mit Spannung beobachteten Senatsrennen in Nevada behauptete sich der demokratische Senatsfraktionschef Harry Reid. Der 70-Jährige, der dem Senat seit fast 25 Jahren angehört, konnte sich laut CNN gegen die Tea-Party-Kandidatin Sharron Angle durchsetzen.

Kandidatur als "Mission für Gott"

Die 61-jährige Angle hat im Wahlkampf durch radikale Vorschläge Furore gemacht: Unter anderem fordert sie ein gesetzliches Alkoholverbot sowie die Privatisierung der Sozialversicherung. Sie will einen größeren Einfluss der Kirche im öffentlichen Leben und sieht ihre Kandidatur als eine "Mission für Gott". Bei einer Volksabstimmung in Kalifornien sprach sich die Mehrheit gegen Legalisierung von Marihuana aus. Der Volksentscheid "Proposition 19" sah vor, dass die Droge zum Genuss konsumiert und in kleinen Mengen angebaut werden darf. Dagegen verbuchten die Umweltschützer in Kalifornien einen Sieg: Die Wähler des Westküstenstaates sprachen sich für die Beibehaltung eines strikten Klimaschutzgesetzes aus, berichtete die "New York Times".

dpa