Die christlichen Kirchen hätten gegenüber dem Islam eine sehr aufgeschlossene Haltung, sagte Junge. Er erinnerte zugleich daran, dass die Hilfe für Schwache und Notleidende fester Bestandteil beider Religionen sei. Bei humanitären Projekten arbeiteten Muslime und Christen oft Hand in Hand: "Nach der Tsunami-Katastrophe 2004 in Indonesien wühlten christliche und muslimische Helfer gemeinsam im Schlamm, um Opfer zu bergen."
Der Islam könne als öffentlich deutlich sichtbare Religion in einer christlichen geprägten Umwelt durchaus Ängste schüren, sagte der Theologe. "Ich kann die Ängste bei vielen Menschen durchaus verstehen", so Junge. Jedoch dürfe die Furcht vor dem Islam nicht allein die Diskussion bestimmen. Gegen diese Ängste müssten Vertreter des Islam, christliche Kirchen und Politiker gemeinsam vorgehen.
Luther wollte den Koran gedruckt sehen
Der LWB-Generalsekretär erinnerte daran, dass die christlichen Kirchen ein Bauverbot für Minarette in der Schweiz abgelehnt hätten. Die Schweizer sprachen sich 2009 trotzdem in einer Volksabstimmung für ein Bauverbot aus.
Junge verwies auf Passagen im Augsburger Bekenntnis von 1530, die auf theologischer Ebene Kritik am Islam üben. Zugleich wies er darauf hin, dass der Reformator Martin Luther die Übersetzung und Drucklegung des Korans befürwortete und sogar eine Einleitung dazu schrieb. Luther habe es den Menschen ermöglichen wollen, selbst über den Wahrheitsgehalt des Korans zu urteilen.
Junge führte bereits im September und Oktober als amtierender Generalsekretär die LWB-Geschäfte in Genf. Er löste Ishmael Noko (67) aus Simbabwe ab. Der Lutherische Weltbund ist eine internationale Gemeinschaft lutherischer Kirchen. 1947 im schwedischen Lund gegründet, zählt er inzwischen 145 Mitgliedskirchen, denen rund 70 Millionen Christen in 79 Ländern angehören. Der Weltdienst des LWB leistet Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe in armen Ländern.