Abgestimmt wird über ein Volksbegehren, die Anwendung des islamischen Rechts in Oklahomas Gerichten grundsätzlich zu verbieten. Zwar gibt es nur mehrere Zehntausend Muslime unter den 3,7 Millionen Einwohnern von Oklahoma. Doch das Gesetz werde dringend gebraucht, erklärte dessen Autor, Rex Duncan, ein republikanischer Landtagsabgeordneter. Das Vorhaben sei zunächst vorbeugend gemeint, denn am "Horizont" ziehe die drohende Scharia auf, hieß es.
Die multikulturelle Kultur in Amerika sei "außer Kontrolle geraten", betonte der Vorsitzende der Republikanischen Partei vom Landkreis Cherokee, Gary Gore. Er wolle "keine Infiltrierung", sagte Gore der Ortszeitung "Tahlequah Daily Press". Auch die Kongressabgeordnete und Kandidatin für das Gouverneursamt in Oklahoma, Mary Fallin, hat sich für die Initiative ausgesprochen.
Muslime verblüfft: Niemand plant, eine Scharia zu errichten
Bürgerrechtler und viele Muslime sind empört und wohl auch etwas verblüfft: Es gehe gar nicht um die Scharia, sondern um diskriminierende Vorurteile gegen Muslime, entgegen sie dem Gesetzesvorhaben. Die konservativen Alarmrufe seien "eine rechtsextreme Phantasie". Diese hätten in Hass-Blogs im Internet angefangen und sich dann in den amerikanischen Mainstream vorgearbeitet, kritisierte der Leiter des Bürgerrechtsverbandes "Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen", Ibrahim Hooper.
Hooper fragt, wo es denn Hinweise auf die Gefahr einer Einführung der Scharia in den USA gebe. Doch die republikanischen Politiker aus der Provinz in Oklahoma haben Rückhalt prominenter Parteifreunde. Der ehemalige Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, erntete Beifall, als er kürzlich im konservativen "American Enterprise Institute" warnte, Muslime wollten mit einem "versteckten Dschihad" die "westliche Zivilisation mit einer radikalen Einführung der Scharia" ersetzen.
Gingrich, ein möglicher Präsidentschaftskanddidat für 2012, forderte ein nationales Anti-Scharia-Gesetz. Das "Zentrum für Sicherheitspolitik" (Washington) legte im September einen mehr als 100 Seiten starken Appell gegen die Scharia vor. Zu den Beratern des Zentrums zählen der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Douglas Feith, sowie der Rüstungsexperte Richard Perle.
Konkrete Beispiele halten keinem kritischen Blick stand
Mit konkreten Beispielen für eine Scharia in den USA tun sich die Scharia-Gegner allerdings sehr schwer. Als Paradebeispiel zitieren sie ein - allerdings sofort revidiertes - Urteil im US-Bundesstaat New Jersey vom Juni 2009, mit dem ein Richter den Antrag einer muslimischen Frau ablehnte, er möge ihrem Ehemann Hausverbot erteilen. Ihr Mann habe sie vergewaltigt, klagte die Frau. Die Beweise seien nicht schlüssig, urteilte der Richter. Der aus Marokko stammende Beschuldigte habe vielleicht in der Annahme gehandelt, als Ehemann habe er das Recht zum Sex, hieß es.
Der Spruch löste Empörung aus und wurde umgehend von einem übergeordneten Gericht als "Fehlurteil" aufgehoben. Als ein Beispiel für die "Scharia" gilt den Warnrufern auch die Weigerung eines muslimischen Taxifahrers in Minnesota vor vier Jahren, einen Fahrgast mit einem alkoholischen Getränk mitzunehmen sowie die Festnahme von vier evangelikalen Predigern bei einem arabischen Volksfest in Michigan wegen Störung der Veranstaltung. Details bleiben unklar, die Prediger fühlten sich angeblich diskriminiert.
18 Prozent der US-Bewohner halten Obama für einen Muslim
Der demokratische Kongressabgeordnete Keith Ellison, ein Muslim, erklärte in einem Rundfunkinterview, die Anti-Scharia-Kampagne gründe sich nicht auf Fakten, Gingrich wolle politisch punkten. Tatsächlich wächst in den USA die anti-islamische Stimmung. Sie kommt besonders bei Protesten gegen das in New York geplante muslimische Kulturzentrum nahe Ground Zero zum Ausdruck. Besonders wortstark sind Aktivisten vom rechten Flügel der Republikanischen Partei und der "Tea Party"-Bewegung.
In ihrer Islam-Kritik wollen viele auch US-Präsident Barack Obama treffen. Einer Umfrage im September zufolge halten 18 Prozent der US-Bewohner Obama für einen Muslim, davon sogar 31 Prozent der Republikaner und 29 Prozent der weißen Evangelikalen. In den USA leben etwa zwei bis drei Millionen Muslime. In Oklahoma rechnet man mit einer deutlichen Mehrheit für das "Scharia-Verbot."