Bayerns Grüne: Stärkere Trennung von Staat und Kirchen
Die bayerischen Grünen wollen Privilegien der beiden großen christlichen Kirchen in Bayern abschaffen und fordern eine Gleichbehandlung aller Religionen.

Die bayerischen Grünen wollen eine stärkere Trennung von Staat und Kirche im Freistaat. Auf ihrem Landesparteitag in Würzburg beschlossen die mehr als 300 Delegierten am Wochenende ein Papier, demzufolge die Privilegien der christlichen Kirchen weitgehend abgeschafft und eine Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften umgesetzt werden soll. Der Abstimmung am Samstag war eine teils hitzige Debatte um kopftuchtragende Lehrerinnen vorausgegangen. Eine Einigung in diesem Punkt erzielten die Delegierten nicht, die Debatte soll weitergeführt werden.

Forderungen der Grünen

In ihrem Antrag fordern die Grünen etwa eine Abkehr von der bisherigen Praxis, wonach Religionsgemeinschaften den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts haben müssen, um Zuschüsse zu erhalten oder Steuern über den Staat eintreiben zu lassen. Ulrike Gote, religionspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, sagte, man baue in diesen Punkten auf die Verhandlungsbereitschaft der Kirchen. Einseitig könne Bayern die Staatsverträge und Konkordate mit den Kirchen nicht kündigen. In diesen Verträgen ist etwa festgelegt, dass der Freistaat für etliche katholische und evangelische Würdenträger das Gehalt bezahlt.

Dem Antrag zufolge sollen auch die 22 Konkordatslehrstühle an Bayerns Hochschulen in reguläre Lehrstühle umgewandelt werden. Bei diesen staatlichen Lehrstühlen für nichttheologische Disziplinen hat der jeweilige katholische Diözesanbischof bei der Besetzung derzeit ein Vetorecht. Im Gegenzug soll die Staatsregierung in Zukunft auch der Ernennung von bayerischen Bischöfen nicht mehr zustimmen müssen. Darüber hinaus wollen die Grünen zusätzlich zum konfessionellen Religionsunterricht einen interreligiösen Unterricht. Dem mit großer Mehrheit abgesegneten Antrag der Parteispitze liegt ein achtseitiger Kommissionsbericht zugrunde.

"Im Gespräch mit den Kirchen bleiben"

Einzelne Kreisverbände hatten wesentlich schärfere Anträge zur Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften formuliert. Der Delegierte Markus Rainer aus Fürstenfeldbruck forderte zum Beispiel ein sofortiges Ende der staatlichen Unterstützung in Millionenhöhe für die beiden christlichen Kirchen. Andere Delegierte warnten hingegen vor einem "antikirchlichen Populismus", der den Grünen schade und "nur Steilvorlagen für die CSU" liefere. Grünen-Landeschefin Theresa Schopper sagte, sie wolle "keine Basta-Politik", sondern "im Gespräch mit den Kirchen bleiben".

Die grüne Bundestagsabgeordnete Christine Scheel hatte zuvor die Gemeinsamkeiten der Kirchen und ihrer Partei betont. Die aktuelle Gesetzeslage mit den Staatskirchenverträgen sorge unter anderem auch dafür, dass Sekten und sektiererische Grüppchen sich in Deutschland nicht so stark ausbreiten können wie beispielsweise in den USA. Scheel, die auch Mitglied der Landessynode der evangelischen Landeskirche in Bayern ist, bezeichnete die Kirchen als Bündnispartner, die Ansichten der Grünen beispielsweise in Fragen der Menschenrechte oder in ökologischen Belangen teilten. Zugleich sprach sie sich für eine rechtliche Gleichstellung der muslimischen Gemeinden aus.

Hitzig wurde die Debatte bei der Frage nach dem richtigen Umgang mit religiösen Symbolen in Schulen. Zwar verstoße es gegen die Verfassung, wenn religiöse Symbole wie Kreuze obligatorisch in Klassenzimmern hängen, heißt es in dem beschlossenen Antrag. Solange sich niemand daran störe, sollen sie jedoch hängen bleiben und nur bei Beschwerden abgenommen werden. Nicht einigen konnten sich die Grünen auf eine Position bei kopftuchtragenden Lehrerinnen. Während einige Grüne im Kopftuch ein Symbol der Unterdrückung von Frauen sehen, ist es für andere nur ein Ausdruck ihres Glaubens. "Unsere Gesellschaft muss kopftuchtragende Lehrerinnen aushalten", befand Grünen-Landesvorsitzender Dieter Janecek.

epd