Für das Gesamtpaket sind gut 900 Millionen Euro zusätzlich eingeplant. Der von der Opposition als unzureichend kritisierten Reform muss neben dem Bundestag auch noch der Bundesrat zustimmen. Die Zeit dafür ist knapp, denn die vom Bundesverfassungsgericht für eine transparente Neuberechnung der Leistungen gesetzte Frist läuft am Jahresende ab.
"Ein Riesenschritt"
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich über die Entscheidung erfreut: Es sei trotz des enorm hohen Zeitdrucks gelungen, "die neu berechneten Regelsätze verfassungsfest zu errechnen". Zudem liege nach einer breiten Vorabstimmung mit Ländern und Kommunen "ein praxisnahes Konzept für das Bildungspaket, mit dem warmen Mittagessen, der Lernförderung, den Schulausflügen, dem Schulmaterial und dem Anspruch auf ein Sport-, Kultur- oder Musikangebot am Nachmittag" vor.
Dass die Leistung künftig direkt zu den bedürftigen Kindern komme, nannte die Ministerin "einen Riesenschritt" für mehr Bildungs- und Aufstiegschancen. Von der Leyen betonte erneut ihre Bereitschaft zum Kompromiss und kündigte Gespräche mit Vertretern der Regierungs- und der Oppositionsfraktionen sowie der Länder an.
Die SPD werde die vorgelegten Pläne in Bundesrat und Bundestag ablehnen, kündigte Parteichef Sigmar Gabriel an. "Wir wollen bessere Bildung für alle Kinder", sagte er am Mittwoch. Die Sozialdemokraten halten das Bildungspaket für Kinder für unzureichend und fordern finanzielle Nachbesserung. Auch die CSU äußerte bis zuletzt Kritik an der Neuregelung. Neben dem Bundestag muss noch der Bundesrat der Neuregelung zustimmen.
Sachleistungen statt Geld
Von den Leistungen des Bildungspakets sollen künftig nicht nur die Kinder in der Grundsicherung profitierten, sondern auch die Kinder, die den Kinderzuschlag erhalten. Dies sei "eine kluge Lösung, die harte Abbruchkanten vermeidet, denn auch die Familien an der Grenze zu Hartz IV brauchen jede Unterstützung bei der Bildung ihrer Kinder", sagte von der Leyen.
Ende September hatte sich die Koalition darauf verständigt, dass es für Kinder zusätzliche Sachleistungen anstelle von Bargeld geben soll. Die CSU kündigte aber Widerstand gegen eine reine Gutscheinlösung an. Nun soll neben der Abrechnung über Gutscheine auch die Direktüberweisung an die Anbieter von Nachhilfekursen und Musiknachmittagsunterricht möglich sein.
Vorgesehen ist ferner, dass die Kommunen auf eigenen Wunsch anstelle der Jobcenter die Umsetzung des Bildungspakets übernehmen können. Vom Bund sollen dann sie die Verwaltungskosten bezahlt bekommen. Neu geregelt wird auch der Hinzuverdienst von Hartz-IV- Empfängern: Sie dürfen künftig von Einkommen bis 1000 Euro 20 Euro mehr behalten. Dies soll den Anreiz erhöhen, mehr Stunden und damit vollzeitnäher zu arbeiten.
Alte Regelungen waren verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hatte am 9. Februar die Berechnungsgrundsätze für die Hartz-IV-Leistungen verworfen. Diese seien intransparent und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Die Karlsruher Richter beanstandeten allerdings nicht die Höhe der Leistungen für die rund 6,7 Millionen Hartz-IV-Bezieher - darunter gut 1,7 Millionen Kinder.
Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier fand bei der Verkündung des Urteils klare Worte: "Die Regelleistungen sowohl des Arbeitslosengeldes II für Erwachsene als auch des Sozialgeldes für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres genügen dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht. Die einschlägigen Regelungen des Hartz-IV-Gesetzes sind daher verfassungswidrig."
Karlsruhe forderte für die Berechnung ein transparentes Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf und setzte dafür eine Frist bis zum 31. Dezember. Bei Kindern, vor allem Schulkindern, müssten sich die Regelsätze an deren speziellen Bedürfnissen orientieren. Könnten sie Bücher, Hefte oder einen Taschenrechner nicht bezahlen, drohe der "Ausschluss von Lebenschancen". Es bestehe die Gefahr, dass sie später nicht in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Nicht nachvollziehbar war nach Auffassung der Verfassungsrichter zudem, dass die Ausgaben für Bildung und das gesellschaftliche Leben ausgeklammert wurden - etwa für Internetnutzung, Kino und Theater oder die Mitgliedschaft im Sportverein.