Integration: Erfurter Paten für Migranten
Integration ist ein Thema, das viele Menschen beschäftigt. Die Angst vor dem Fremden spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Sorge um eine diffus empfundene "Leitkultur". Dabei geht es eigentlich nur darum: Wie kann der gemeinsame Alltag bewältigt werden? Die Diakonie hat viele Projekte, die genau das ermöglichen und zeigen sollen. In der Reihe "Integration durch Diakonie" stellen wir einige davon in kurzen Texten vor.
19.10.2010
Redaktion diakonie.de

Viele gute Gründe gibt es, sich für Menschen mit Migrationsgeschichte einzusetzen. "Ich engagiere mich, weil ich es nicht als mein Verdienst empfinde, dass wir in Deutschland bisher von größeren Naturkatastrophen und Krieg verschont geblieben sind", sagt etwa eine junge Studentin, Patin beim Erfurter Projekt "Engagiert für Integration". Sie ist hier eine von 30 freiwillig Engagierten – zwischen 18 und 70 Jahren – die sich als Paten um eine zugewanderte Familie oder Person kümmern.

Bereicherung für beide Seiten

"Das Besondere ist für mich die Bereitschaft der Teilnehmer, sich immer wieder auf ganz verschiedene Menschen und Situationen einzulassen" sagt Johanna Ringeis, Leiterin von "Engagiert für Integration".

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Das Projekt, 2009 vom Evangelischen Kirchenkreis Erfurt ins Leben gerufen, bedeutet eine Bereicherung für beide Seiten: "Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie grausam Vertreibung aus der Heimat ist, die ich persönlich nach dem Krieg erlebt habe", sagt eine ältere Ehrenamtliche, "Deshalb betreue ich eine Familie aus dem Irak, die genau das im 21. Jahrhundert erlebt hat und versuche meinen Beitrag zu leisten, ihnen hier eine neue Heimat zu geben."

Zudem freuen sich die Paten über die Gastfreundschaft, die ihnen die zugewanderten Familien entgegenbringen, und sind stolz auf die Fortschritte, die ihre Schützlinge beim Deutsch lernen machen. "Umgekehrt hängen auch die Familien sehr an ihren Paten und versichern immer wieder, wie froh sie über die Begleitung sind", erläutert Projektleiterin Ringeis.

"Hier kommen ganz verschiedene Sichtweisen zusammen"

Viele der begleiteten Familien gehören zu den irakischen Kontingentflüchtlingen, die dieses Jahr im Rahmen des "Resettlement" nach Deutschland kamen. 35 von ihnen leben in Erfurt, oft sind es Kinder und Alleinerziehende. Ihre Väter oder Ehemänner sind im Krieg umgekommen oder werden vermisst. "Menschen mit solch einem Schicksal zu begleiten, erfordert besondere Kenntnisse und Empathie", konstatiert Johanna Ringeis.

Ein Grund, warum bei einigen der regelmäßigen Austauschtreffen eine Psychologin dabei ist, die etwa über die Themen Trauma und Abgrenzung im Ehrenamt referiert und mit dem Evangelischen Kirchenkreis Erfurt zusammenarbeitet. Spannend sind vor allem auch die Unterschiede im Alter und in der Biografie der Freiwilligen, wie Johanna Ringeis berichtet: "Hier kommen ganz verschiedene Sichtweisen zusammen."

Demnächst steht das Thema Religion auf dem Plan. Im Rahmen der Patenschaften treffen teilweise Welten aufeinander. Ringeis: "Dass jemand eine typische atheistisch geprägte DDR-Sozialisation haben kann, ist für manche muslimische zugewanderte Familie schwer zu verstehen." Dass diese Welten miteinander in Kontakt treten, sich besser kennenlernen und verstehen, ist Ziel des Projekts.


"Engagiert für Integration" ist eines von vielen Diakonie-Projekten, die Integration im Alltag unterstützen. Evangelisch.de stellt diese Woche sechs dieser Projekte vor.