Das Handy vibriert. Eine SMS erreicht eine Frau in Mathare, einem Slum fünf Kilometer nördlich von Nairobi. Der Absender: Das World Food Programme (WFP) der Vereinten Nationen. Der Inhalt: Diese SMS berechtigt den Inhaber des Handys kenianische Schilling abzuheben bei einer Mikrokreditbank. 2.500 Menschen werden in den nächsten Monaten über ihr Handy mit dieser Hilfe versorgt. Jeden Monat können sie sich damit 15 Euro auszahlen lassen und das Geld für Nahrungsmittel, Medikamente und Mieten verwenden. "Immer mehr Menschen in Städten hungern", sagt Ralf Südhoff, der Geschäftsführer des WFP-Büros in Berlin. Und der Grund für den Hunger in den Städten sei in der Regel nicht der Mangel an vorhandenen Lebensmitteln, sonder schlicht, dass die Menschen kein Geld dafür hätten, Essen zu kaufen.
Die Handy-Sozialhilfe ist ein Pilotprojekt des WFP und richtet sich vor allem an AIDS-Kranke und mit HIV Infizierte. "Wir sparen damit viel Zeit und Geld", erklärt Ralf Südhoff. Essen müsse nicht extra angekauft, Verteilungsstellen nicht errichtet und Personal dass die Lebensmittelhilfe organisiert, nicht bezahlt werden. "Wenn es gut anläuft, werden wir das Projekt natürlich ausweiten." Finanziert wird die Sozialhilfe von der Europäischen Kommission, mit der keniaschen Regierung befinde sich das WFP in Gesprächen. Bis dahin ist jedoch noch ein Stück Weg zu gehen, im wahrsten Sinne des Wortes: Das WFP entsendet Mitarbeiter, die Hausbesuche machen und überprüfen, ob die Hilfe ankommt und wofür sie ausgegeben wird. Gestärkt werde damit gleichzeitig die lokale Wirtschaft – ein Prinzip des WFP.
Armut bedeutet: Hunger, keine Bildung, keine Zukunft
"Alte Fehler der Entwicklungshilfe sollen natürlich nicht wiederholt werden", sagt Südhoff. Bei der Ernährungshilfe des WFP, das sich im Jahr 2010 darum bemüht 90 Millionen Hungernden in über 70 Ländern zu helfen, gehe es vor allem darum, die heimischen Kleinbauern, Landwirte und Viehzüchter zu unterstützen. Die Nahrungsmittel, die das WFP verteilt, versucht es in der Regel im Land selbst einzukaufen. "Und unsere Hilfe ist immer an Voraussetzungen geknüpft", sagt Südhoff. So zum Beispiel bei den Schulspeisungen des WFP: Kinder bekommen in der Schule eine Mahlzeit. Für viele Eltern sei das ein Grund ihre Kinder in die Schule zu schicken, anstatt zum Betteln auf die Straße oder zum Arbeiten auf das Feld.
"Wir wollen damit einen Teufelskreis durchbrechen: Keine Bildung bedeutet Armut", erklärt Südhoff. Und Armut bedeute eben meistens, das Eltern ihre Kinder nicht zur Schule schicken könnten. In diesem Sinne ist auch die "Sozialhilfe" auf das Handy zu verstehen. Es entlaste die Eltern und bringe den Kindern Freiräume, die sie dafür nutzen könnten in ihre Zukunft zu investieren.
Rezepte von Sterneköchen finanzieren Schulmahlzeiten
Das WFP selber allerdings, scheint als UN-Hilfsorganisation selber nicht entsprechend große Freiräume zu bekommen, um den großen Auftrag zu erfüllen, für den es einst gegründet wurde. "Auf der einen Seite haben wir den Auftrag Millionen Hungernde zu unterstützen, aber auf der anderen Seite sind wir komplett auf Spenden und freiwillige Zuwendungen angewiesen", sagt Südhoff. Die größte humanitäre Hilfsorganisation bekommt von ihren Auftraggebern, den Internationalen Staaten, kein festes Budget. "In Jahren wie diesen, in denen es extrem viele Hungernde gibt, ist das problematisch", sagt Südhoff, und bedrohe den Fortbestand von Projekten wie der Schulspeisung. Für 2010 fehlten für die kostenlosen Mahlzeiten noch 3 Millionen Dollar.
Kreative Projekte sind deshalb gefragt. Eines davon ist das Kochbuch "Köche für Afrika". Die ersten drei Bände finanzierten bis heute über 8,6 Millionen Schulmahlzeiten. Jetzt erscheint Band Nummer 4. Internationale Sterneköche wie der Frankfurter Mirko Reeh haben dafür jeweils ein Rezept gespendet. Für 9 Euro 95 können Hobbyköche das Buch erwerben. Das Geld fließt zu Zweidritteln in die Finanzierung der Schulmahlzeiten in Malawi. Mit einem Buch sollen 32 Mahlzeiten finanziert werden können. "Das hat den Charme, dass man etwas Nettes zu Weihnachten verschenken kann und gleichzeitig etwas gegen den Hunger in der Welt tut", wirbt Ralf Südhoff.
"Köche für Afrika" erscheint am 16. Oktober 2010 und kann über die Internetseite www.koechefuerafrika.de oder über www.buecher.de versandkostenfrei bestellt werden.