"Schwarzwaldhof: Alte Wunden", 15. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten
Die Inszenierung könnte etwas schwungvoller sein, die Figuren weniger klischeehaft; und die Musik klingt nach Computer. Ansonsten aber ist dieser dritte Film aus der "Schwarzwaldhof"-Reihe durchaus sehenswert, denn im Zentrum der Geschichte von Christian Pfannenschmidt steht ein universaler Konflikt: Mutter gegen Tochter. Der Autor hat ohnehin spätestens mit dem Afghanistan-Heimkehrerdrama "Willkommen zuhause" bewiesen, dass er kein typischer Herz/Schmerz-Vertreter ist. Die Idee, die beschauliche Idylle des Grand Hotels allein durch den Besuch einer alten Dame durcheinander zu wirbeln, ist zwar frech, aber sie geht auf, denn Mutter ist nicht irgendwer: In den Sechzigern war Dolores Schmidt (Gila von Weitershausen) ein gefeierter Operettenstar. Vom damaligen Ruhm würde sie gern heute noch zehren, aber er ist ebenso aufgebraucht wie ihre Rücklagen. Vor der Insolvenz flüchtet sie in die Arme ihrer Tochter Veronika (Saskia Vester), die als Leiterin des Schwarzwaldhofs alle Hände voll zu tun und ohnehin ein mehr als distanziertes Verhältnis zur Mutter hat: Die Diva hatte nie Zeit für ihre Tochter. Dass "Lore" auch heute noch gern Theater spielt, macht die Sache nicht besser; zu ihrem Repertoire gehört unter anderem die Einfädelung eines allerdings allenfalls viertelherzigen Suizidversuchs.
Für Gila von Weitershausen ist diese Rolle natürlich ein Leckerbissen, schließlich macht die überkandidelte Lore aus jeder Szene einen Auftritt. Saskia Vester hat als Tochter die deutlich unspektakulärere Rolle, aber dafür darf Veronika eine Romanze mit einem kernigen Forellenzüchter (Michael Fitz) erleben. Und auch der hat eine komplexe Vorgeschichte: Max Henninger war in einem gewaltsam beendeten früheren Leben ein Juwelier, der bei einem Überfall seine Frau verloren hat. Selbst wenn Bettina Woernle den Film etwas betulich inszeniert hat, die Darsteller führt sie ausgezeichnet; Arndt Schwering-Sohnrey zum Beispiel hat einige amüsante Auftritte als Chefkoch des Hauses, der einfach nicht dazu kommt, bei Veronika um die Hand ihrer hübschen Tochter (Miriam Morgenstern) anzuhalten. Da kann man dann auch darüber hinwegsehen, dass Gila von Weitershausen und Saskia Vester (Altersunterschied: 15 Jahre) eher wie Schwestern wirken.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).