"Chi Rho": Wie eine Serie zur Marke werden soll
Am 1. November startet im KI.KA die biblische Abenteuerserie "Chi Rho - Das Geheimnis". Der Greifswalder Religions- und Medienpädagoge Roland Rosenstock sieht in dem aufwendigen Projekt große Chancen für die Kirchen. Im Gespräch mit evangelisch.de spricht der Wissenschaftler über den Internetauftritt und die begleitenden Angebote zur Serie - und warum "Chi Rho" nicht nur für christliche Kinder geeignet ist.
13.10.2010
Die Fragen stellte Bernd Buchner

Was ist das Besondere an "Chi Rho"?

Rosenstock: Zum ersten Mal werden die biblischen Geschichten aus der Perspektive von Kindern erzählt. Es gab schon eine Reihe filmischer Umsetzungen in US-amerikanischen oder italienischen Produktionen. Aber bei "Chi Rho - Das Geheimnis" können sich die Kinder mit der zwölfjährigen Cora und ihrem Freund Habib identifizieren. In den anderen Zeichentrickserien erleben sie eine doppelte Passivität: meistens sind Kinder nur Gegenstand von Heilungen oder sie schauen zu, was die Erwachsenen so tolles machen. Bei "Chi Rho – Das Geheimnis" sind sie mittendrin und erleben die biblischen Erzählungen als spannende Abenteuergeschichten.

Sie haben maßgeblich am Internetauftritt der Serie mitgearbeitet. Was wird dort geboten?

Rosenstock: Es war ja von Anfang eine crossmediale Markeneinführung geplant. Dazu gehört der begleitende Internetauftritt www.chirho.kika.de beim Kinderkanal von ARD und ZDF. Dort werden die wichtigsten Personen der Bibel vorgestellt und die einzelnen Folgen der Abenteuergeschichte von Cora und Habib erzählt. Dazu gibt es Spiele, die auch Wissen vermitteln – für die Kleineren etwa ein Singspiel "Spaß mit den Wonderers", die Größeren erfahren in "Schnitzeljagd im Heiligen Land" wie die Kinder an den Orten der biblischen Abenteuer heute leben. Auch Geschicklichkeitsspiele sind dabei: In "Proviant für die Arche" müssen Cora und Habib etwa möglichst viel Nahrung auf die Arche Noah bringen, bevor die Flut das Schiff erreicht hat. Und beim Spiel "Finde die geheimen Bibelcodes" kommen die Kinder mit der jeweiligen Bibelstellen zur passenden Abenteuerseite. Sie sollen das genau trennen können: Was ist das Abenteuer, das im Fernsehen erzählt wird und was steht dazu in der Bibel? Darüber hinaus gibt es zum Sendestart auf der Seite www.chirho.tv ein aufwändiges Onlinespiel mit Videosequenzen, das den Kindern einfach Spaß macht, in die biblischen Geschichten einzutauchen. Das kann man auch sehr gut im pädagogischen Bereich einsetzen. Das Spiel soll mit Homepages von möglichst vielen Spieleseiten aber auch mit den Internetauftritten der Kirchengemeinden vernetzt werden.

Im Internet surft man gerne allein. Wie schaffen Sie es, dass die Kinder gemeinsam auf die "Chi Rho"-Seiten schauen?

Rosenstock: Unsere Erfahrung ist, dass die Kinder oft mit ihren Freunden im Internet surfen. Der Spaß an den interaktiven Spielen wird zusammen erlebt, das ist eine große Chance im Web. Die Spiele sind so gestaltet, dass man sie auch zusammen mit den Eltern oder Großeltern spielen kann. Manchmal brauchen die Kinder auch die Erfahrungen der Älteren um weiterzukommen. Die "Chi Rho"-Onlinewelt ist etwas für die ganze Familie.

Kinder ans Internet heranzuführen, ist keine leichte Aufgabe. Was ist dabei aus medienpädagogischer Sicht zu beachten?

Rosenstock: Der Kinderkanal hat mit www.kikaninchen.de gezeigt, dass ein wertvolles Internetangebot schon für Kinder ab drei Jahren möglich ist. Grundsätzlich ist das Internet natürlich ein Medium für Erwachsene oder Jugendliche. Aber das ist wie beim Fahrradfahren. Wenn Kinder sich aufs Fahrrad setzen, fallen sie erst einmal um. Sie brauchen das Laufrad, um das Radfahren zu erlernen. So ist das auch bei den Kinderangeboten im Internet. www.kikaninchen.de ist ein Angebot für Vorschulkinder, bei dem die Erwachsenen mit dabei sind. Im Grundschulbereich haben Kinder heute vielfältige Erfahrung mit dem Internet gesammelt. Aber auch hier ist eine kindgerechte Umgebung notwendig. Wir brauchen einen spielerischen Zugang, ein sogenanntes Edutainment-Format, in dem über das Spiel Wissen vermittelt wird so wie zum Beispiel bei der Sendung mit der Maus.

 

 

 

 

 

Roland Rosenstock (r.) mit dem Leiter des Medienreferats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Udo Hahn, sowie einer Figur aus der Serie "Chi Rho".

 

 Ist "Chi Rho" nur für christliche Kinder geeignet?

Rosenstock: Der KI.KA wollte die Serie. Die Programmmacher haben sich gesagt, die biblischen Geschichten sind die Grundlage unserer Kultur. Man kann Kinofilme, Kinderbücher, Politik und vieles mehr nicht verstehen, wenn man nicht die wichtigsten biblischen Geschichten kennt. Das ist noch wichtiger als die Grimmschen Märchen. Deshalb brauchen wir auch im Kinderprogramm ein religiöses Format. Gerade auch für Kinder in Ostdeutschland, die selber nicht mehr mit den biblischen Geschichten aufgewachsen sind. Menschen deuten ihr Leben ja in Erzählungen. Es ist ein wichtiges Phänomen der christlichen und jüdischen Kultur, dass wir unser Leben und Wirklichkeitsempfinden durch biblische Geschichten deuten. Diese Deutung muss unseren Kindern vermittelt werden. Das ist in erster Linie eine Bildungsaufgabe des öffentlichen Rundfunks, aber auch eine Herausforderung für den Kulturauftrag der beiden großen Kirchen.

Das Begleitprogramm geht weit über das Internet hinaus. Sie wollen in die Kirchengemeinden und Schulen hinein.

Rosenstock: Es gibt eine Buchreihe zum Film, und wir entwickeln gerade eine Abenteuerbibel. Das klassische Kindermedium ist natürlich das Buch, das Vorlesen, das Selber-Lesen, Kino im Kopf. Über Matthias-Film und das Katholische Filmwerk stellen wir ab Ostern Lehrern, Katecheten und Mitarbeitern von Kindergottesdiensten zahlreiche Materialien zur Verfügung. "Chi Rho – Das Geheimnis" ist mehr als eine Serie, es ist eine religiöse Kindermarke. Im Vorschulbereich lässt sich mit den lustigen Wonderers mit den Kindern sehr viel über Musik und Spaß machen. In der Grundschule kann man mit der Marke Bildungsinhalte vermitteln, bei denen es um christliche Werte geht. In der Marke liegt eine große Chance für beide Kirchen. Hier stehen die Kinder wirklich in der Mitte.

Wie sind die ersten Reaktionen von Kindern ausgefallen?

Rosenstock: An der Entwicklung der Folgen waren immer wieder Kinder beteiligt – an ganz unterschiedlichen Stellen. Es ist wichtig, solche Formate zusammen mit Kindern zu entwickeln. Die Charaktere sind sehr ansprechend, es gibt viel Abwechslung, Spannung und Humor. Die Kinder aus der Preview waren begeistert und wollten sofort auch die weiteren Folgen sehen.


Prof. Roland Rosenstock (Jahrgang 1966), Vater von drei Kindern, arbeitet als Religions- und Medienpädagoge an der Universität Greifswald und beantwortet unter anderem theologische Fragen von Kindern in der "Sendung mit der Maus".