Es gebe "entscheidende Fortschritte, die mit Tiefseebohrungen verbundenen Gefahren zu reduzieren", sagte Innenminister Salazar am Dienstag: "Die Öl- und Gasindustrie wird unter strengeren Regeln und unter strengerer Aufsicht arbeiten." Wegen dieser neuen Regeln gehen die Behörden nicht davon aus, dass bereits in Kürze neue Tiefseebohrungen gestartet werden. Die Industrie brauche Zeit, sich auf diese neuen Regeln einzustellen. "Das wird sicherlich nicht morgen oder nächste Woche sein", meinte Michael Bromwich, Chef des Bureau of Ocean Energy Management. Er rechne damit, dass zum Jahresende erste Bohrerlaubnisse vergeben werden.
Die Regierung hatte kurz nach Beginn des Explosion auf der Ölplattform "Deepwater Horizon" am 20. April ein sechsmonatiges Moratorium verhängt. Zwar musste die Regierung zunächst Rückschläge in Kauf nehmen, weil Gerichte nach Einspruch der Ölindustrie das Moratorium beanstandet hatten. Darauf erließ die Regierung aber ein erneutes Verbot von Tiefseebohrungen.
EU plant schärfere Vorgaben für Öl-Bohrungen
In der EU war kein Bohrstopp verhängt worden, obwohl Energie-Kommissar Günther Öttinger im Juli solches vorübergehendes Verbot in Aussicht gestellt hatte. In der EU-Kommission fand diese Position aber keine Mehrheit. Am Mittwoch präsentierte Öttinger in Brüssel Pläne für schärfere Sicherheitsauflagen für Ölplattformen. Mit dem neuen Rechtsrahmen sollen Gesetzeslücken geschlossen und die uneinheitlichen Vorgaben aus den einzelnen Ländern angeglichen werden. Von dem ursprünglich geforderten europaweiten Stopp für Tiefseebohrungen in der Nordsee ist in dem Papier aber nichts zu finden. Ein solches Moratorium soll den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben - vor allem das Ölförderland Großbritannien ist strikt dagegen.
"Ich bin Realist", sagte Kommissar Oettinger. "Unser Vorschlag ist, dass ein Moratorium für neue Anträge, neue Plattformen und noch nicht in Betrieb genommene Anlagen in Betracht gezogen werden soll." Die Entscheidung über die Aussetzung von Offshore-Ölbohrungen bleibe aber Sache der 27 EU-Staaten. Nach Kommissionsangaben stehen in der Nordsee rund 400 Ölförderanlagen, in EU-Gewässern im Mittelmeer 100 Plattformen. In der EU und Norwegen stammten 90 Prozent des Öls aus Offshore-Bohrungen. "Sicherheit ist nicht verhandelbar", sagte Kommissar Oettinger. "Wir müssen sicherstellen, dass ein Unglück wie im Golf von Mexiko niemals in europäischen Gewässern passieren kann."
Umweltschützer fordern Komplettverbot von Tiefseebohrungen
Umweltschützer fordern ein weitgehendes Verbot für alle Bohrungen unterhalb von 200 Metern Tiefe. Greenpeace kritisiert, dass große Ölkonzerne in der Nordsee und im Nordatlantik in der Tiefsee bohren, "ohne für den Notfall technisch oder finanziell ausreichend abgesichert zu sein". Die Ölindustrie lehnt einen Genehmigungsstopp jedoch ab.
Bei dem Unfall der "Deepwater Horizon" im April war in rund 1.500 Meter Tiefe unter dem Meeresspiegel nach Öl gebohrt worden. Mehrere Anläufe, die Ölfontäne zu stoppen, scheiterten nicht zuletzt, weil die Experten nach eigenen Worte praktisch keine Erfahrungen mit Rettungsarbeiten in einer solchen Tiefe hatten.
Erst nach rund drei Monaten konnte der Ölfluss gestoppt werden, zwei Monate später gelang es, die Quelle endgültig zu versiegeln. Insgesamt waren 780 Millionen Liter Rohöl ins Meer geflossen - mehr als jemals zuvor bei einer Ölkatastrophe. Weite Teile der US-Golfküste wurden verseucht, zeitweise war in einem Drittel der US-Küstengewässer der Fischfang verboten.