TV-Tipp des Tages: "Küsse à la carte" (Sat.1)
Salvatore, der arrogante halbitalienische Besitzer eines Nobelrestaurants und Regina, die Köchin aus der Autobahnraststätte treffen bei einer Beerdigung im Ruhrgebiet aufeinander.
12.10.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Küsse à la carte", 12. Oktober, 20.15 Uhr in Sat.1

Dieser Film sträubt sich so lange dagegen, eine Romanze zu sein, dass man die Hoffnung fast aufgibt, aus dem arroganten halbitalienischen Besitzer eines Nobelrestaurants und der Köchin aus der Autobahnraststätte könnte am Ende doch noch ein Paar werden. Auch sonst drohen die Träume von Regina (Janine Kunze) zu schmilzen wie Butter in der Mikrowelle. Dabei hatte alles so verheißungsvoll angefangen. Als es Salvatore (Heikko Deutschmann) auf dem Weg zur Beerdigung seiner deutschen Mutter ins Ruhrgebiet verschlägt, drängt ihm Regina die Tagessuppe auf, nicht ahnend, dass der empfindliche Magen des Gastes fast allergisch auf das Glutamat reagiert.

Trotzdem lädt er sie ein, doch mal in seinem Lokal an der italienischen Amalfiküste vorbeizuschauen. Regina ist ohnehin überzeugt, dass sie ihr Talent an die Friteuse verschwendet. Als sie dann auch noch Krach mit ihrem fiesen Chef bekommt, schmeißt sie die Brocken hin, macht sich kurzerhand auf den Weg nach Süditalien und verdingt sich in Salvatores Zwei-Sterne-Lokal als Küchenhilfe. Seine Bedingung: Innerhalb von vier Wochen muss sie so gut werden, dass sie ein Vorkochen besteht, sonst fliegt sie wieder raus. Guten Mutes geht Regina die Sache an, nicht ahnend, dass Salvatores Küchenchef Matthias (Stefan Mehren) ihr das Küchenleben zur Hölle machen wird, zumal das Lokal kurz davor steht, einen dritten Stern zu erhalten. Zum Glück sind da noch Hilfskoch Francesco und seine drei Brüder, die sie in ihrer Wohngemeinschaft aufnehmen.

Die Szenen in der Männer-WG sind die schönsten des Films, denn selbstredend sind die Brüder auf der Stelle verknallt in Regina und legen ihr den Himmel zu Füßen; das wirkt mitunter wie Schneewittchen bei den vier Zwergen. Die eigentliche Romanze ist ungleich spröder, zumal Deutschmann, seiner Rolle entsprechend, Salvatore äußerst zugeknöpft spielt: Der begnadete Koch strebt nach der absoluten Perfektion. Er will die Wirklichkeit interpretieren und es sich daher nicht leisten, sich den Launen der Natur zu unterwerfen. Natürlich möchte Regina ihm dazu verhelfen, das Leben auch wieder mit den anderen Sinnen wahrzunehmen, aber das ist gar nicht so einfach. Keine besondere Geschichte (Drehbuch: Adrienne Bortoli), keine bemerkenswerte Regie (Dietmar Klein), aber ein durchaus hübscher Film. Und Janine Kunze, bislang vor allem als Komödiantin aufgefallen („Hausmeister Krause“, „Die dreisten drei“), macht ihre Sache überraschend gut.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).