Friedensnobelpreis für Chinesen Liu Xiaobo
Liu Xiaobo erhält den Friedensnobelpreis 2010. Das gab das Nobelpreiskomitee am Freitag in Oslo bekannt. Er wird für seinen Kampf für die Menschenrechte ausgezeichnet, hieß es zur Begründung.

Die Entscheidung für Xiaobo dürfte auf starke Ablehnung bei den Machthabern in China stoßen. Der Direktor des Nobel-Insituts in Oslo, Geir Lundestad, sagte evangelisch.de vor der Bekanntgabe der Entscheidung, Vertreter der chinesischen Regierung hätten bei einem Treffen klar gemacht, dass es eine mögliche Auszeichnung eines "Dissidenten" als "unfreundlichen Akt Norwegens" auffassen werde. Zu möglichen diplomatischen Verwicklungen zwischen China und Norwegen sagte Lundestad: "Es ist natürlich nicht unser Ziel, ältere Männer wütend zu machen, aber wir stehen zu unseren Prinzipien. Und unsere Interessen sind unabhängig von denen der norwegischen Regierung."

Lundestad verteidigte zudem die Werte, denen sich das Nobelpreiskomitee verpflichtet fühle. "Man muss immer Verständnis und Empathie für die Gegebenheiten vor Ort aufbringen. Und uns ist auch klar, dass mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung aus Asien stammt. Aber natürlich glauben wir an bestimmte Werte. Wir reden hier von Demokratie und Menschenrechten", sagte er. Diese Werte hätten universelle Wurzeln. "Es gibt Kritiker, die sagen, wir müssten ,asiatische Werte' anerkennen. Wenn man dann hinschaut, handelt es sich bei diesen Kritikern in der Regel um Diktatoren, die sich noch nie in ihrem Leben freien Wahlen gestellt haben und ihre Attacken gegen ,westliche Werte' reiten, um ihre eigenen autoritären Regime zu stützen. Mal abgesehen davon gibt es auch keine ,asiatischen Werte', schon deshalb, weil Asien ein riesiger Kontinent mit sehr unterschiedlichen Kulturen ist."

Unterstützung von Vaclav Havel

Vor der Bekanntgabe des Friedensnobelpreisträgers hatten sich die Hinweise auf eine Verleihung der Auszeichnung an einen Dissidenten aus China verdichtet. Beide führenden norwegischen TV-Sender nannten am Donnerstag den inhaftierten Menschenrechtler Liu Xiaobo sowie den Anti-Aids-Aktivisten Hu Jia als aussichtsreichste Anwärter. Der Sender NRK erwähnte auch Altbundeskanzler Helmut Kohl als aussichtsreichen Kandidaten.

Für eine Vergabe an Liu Xiaobo setzten sich unter anderem der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel und der Dalai Lama ein. Als aussichtsreiche russische Kandidatin galt Swetlana Gannuschkina von der vor allem für Tschetschenen aktiven Flüchtlingshilfsorganisation "Zivile Unterstützung".

Preis für Obama

Im letzten Jahr hatte US-Präsident Barack Obama völlig überraschend die mit zehn Millionen schwedischen Kronen (1,1 Millionen Euro) dotierte Auszeichnung erhalten, obwohl er damals erst knapp ein Jahr im Amt war. In der Begründung hieß es, Obama habe "ein neues internationales Klima geschaffen". Die Entscheidung war danach umstritten, und auch Obama selbst meinte, dass er den Preis eigentlich noch nicht verdient habe.

Unter der Rekordzahl von 237 Nominierten waren dieses Jahr 38 Organisationen. Die besten Aussichten hier wurden dem Sondergerichtshof für Sierra Leone (SCSL) zu Verbrechen im Bürgerkrieg und dem in Oslo ansässigen Exil-Radiosender Democratic Voice of Burma eingeräumt.

Hier die Begründung des Komitees:

The Nobel Peace Prize for 2010

The Norwegian Nobel Committee has decided to award the Nobel Peace Prize for 2010 to Liu Xiaobo for his long and non-violent struggle for fundamental human rights in China. The Norwegian Nobel Committee has long believed that there is a close connection between human rights and peace. Such rights are a prerequisite for the “fraternity between nations” of which Alfred Nobel wrote in his will.

Over the past decades, China has achieved economic advances to which history can hardly show any equal. The country now has the world’s second largest economy; hundreds of millions of people have been lifted out of poverty. Scope for political participation has also broadened.

China’s new status must entail increased responsibility. China is in breach of several international agreements to which it is a signatory, as well as of its own provisions concerning political rights. Article 35 of China’s constitution lays down that “Citizens of the People’s Republic of China enjoy freedom of speech, of the press, of assembly, of association, of procession and of demonstration”. In practice, these freedoms have proved to be distinctly curtailed for China’s citizens.

For over two decades, Liu Xiaobo has been a strong spokesman for the application of fundamental human rights also in China. He took part in the Tiananmen protests in 1989; he was a leading author behind Charter 08, the manifesto of such rights in China which was published on the 60th anniversary of the United Nations’ Universal Declaration of Human Rights, the 10th of December 2008. The following year, Liu was sentenced to eleven years in prison and two years’ deprivation of political rights for “inciting subversion of state power”. Liu has consistently maintained that the sentence violates both China’s own constitution and fundamental human rights.

The campaign to establish universal human rights also in China is being waged by many Chinese, both in China itself and abroad. Through the severe punishment meted out to him, Liu has become the foremost symbol of this wide-ranging struggle for human rights in China.

hen/dpa