Diakonie will reinen Tisch machen
Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland sucht einen neuen Präsidenten. Nach dem Ausscheiden von Klaus-Dieter Kottnik, der Ende September seinen Rücktritt von dem Spitzenamt "aus gesundheitlichen Gründen" zum 1. Oktober bekanntgab, machen sich die Gremien des Wohlfahrtsverbandes ab Freitag auf die Suche nach einem Nachfolger. Die Bundesversammlung der Diakonie, die den Präsidenten wählt, tagt kommende Woche in Karlsruhe. Sie wird sich auch mit möglichen Unregelmäßigkeiten beschäftigen, die Kottniks Abgang beschleunigt haben könnten.
07.10.2010
Von Markus Jantzer

Im August kam heraus, dass der persönliche Referent des Diakonie-Präsidenten, Walter Merz, fast ein Jahr lang eingetragener Geschäftspartner der Stuttgarter Unternehmensberatung Dr. Dithmar & Partner war. Die Beratungsfirma hatte in Kottniks Amtszeit seit Februar 2007 von der Diakonie Aufträge in sechsstelliger Höhe erhalten. Nach dieser Enthüllung hatte sich der Verband von Merz getrennt und der Beraterin Christiane Dithmar alle Aufträge entzogen. Wenig später trat der Diakonie-Präsident zurück.

Das Aufsichtsgremium der Diakonie lässt nun die Auftragsvergabe des eigenen Hauses unter die Lupe nehmen. Noch im Oktober soll eine Kölner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihren Abschlussbericht vorlegen, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der württembergische Landesbischof Frank Otfried July, mit. Die Prüfer sollen klären, ob der Vorstand von 2007 bis 2010 die Vergaberichtlinien der Diakonie "angemessen" beachtet hat.

Kandidaten für das Präsidentenamt

Kottniks Aufgaben übernimmt bis auf Weiteres der verbliebene dreiköpfige Vorstand. An diesem Freitag tritt der aus 18 Personen bestehende Diakonische Rat zusammen, um erstmals über Kottniks Nachfolge zu beraten. Er entscheidet über die Kandidaten für das Präsidentenamt. Die 93 Mitglieder der diakonischen Bundesversammlung wählen für fünf Jahre den Präsidenten oder die Präsidentin. Es wird nicht erwartet, dass bereits in diesem Jahr gewählt wird. Schon Kottniks Vorgänger im Amt, Jürgen Gohde, war durch einen Rücktritt aus dem Amt geschieden. Damals lagen zwischen Demission im Juni 2006 und Neuwahl im Oktober 2006 vier Monate.

Bischof July versicherte, es lägen ihm bisher keine Erkenntnisse darüber vor, ob es aufgrund der engen personellen Verflechtungen zwischen der Diakonie und dem Beratungsunternehmen Dithmar & Partner zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Den ersten Auftrag erhielt Dithmar im Mai 2007. Sie hatte die Aufgabe, die jüngste Strukturreform des Verbandes zu bewerten. Für "Nachjustierungen" der Reformschritte erhielt Dithmar laut July weitere "kleine Aufträge".

"Keine wirtschaftlichen Vorteile"

Außerdem schrieben die Diakonie und der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) im Mai 2009 eine Reihe von Aufträgen aus, um die geplante Fusion der beiden großen evangelischen Hilfswerke vorzubereiten. Drei Aufträge vergaben die Vorstände an das Karlsruher Beratungsunternehmen Contract, zwei gingen an Dithmar & Partner. Nach Dithmars Angaben hat sie "keine wirtschaftlichen Vorteile" aus ihren guten Beziehungen zu Kottnik und Merz gehabt. Merz und Dithmar kennen sich schon aus dem Studium. "Mit Kottnik hatte ich seit 2006 eine sehr gute und vertrauensvolle Geschäftsbeziehung", sagt Dithmar.

Merz wurde im Februar 2008 als Dithmars Geschäftspartner ausgetragen. Ihm folgte mit Hermann-Josef Arentz ein ehemaliger CDU-Spitzenpolitiker. Arentz war einst Mitglied im CDU-Präsidium und Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Ende 2004 wurde seine politische Karriere jäh beendet, als bekannt wurde, dass er von einer Tochterfirma des Energieunternehmens RWE jährlich 60.000 Euro sowie kostenlose Stromlieferungen erhalten hatte.

Trennung im Streit

Arentz war fortan als Berater tätig. Die Verbindung mit Dithmar hielt etwas mehr als zwei Jahre. Im Frühjahr 2010 trennten sich die beiden im Streit, der heute noch ihre Anwälte beschäftigt.

epd