"Das Reformationsjubiläum ist mehr als Geschichtspflege"
Das Reformationsjubiläum 2017 und die vorausgehende Lutherdekade müssen nach Ansicht der evangelischen Kulturbeauftragten Petra Bahr mehr als Geschichtspflege sein. "Die Erinnerung an die Reformation muss eine geistige und geistliche Bewegung werden, die Kultur und Gesellschaft erfasst", sagte die Leiterin des Kulturbüros der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch dem epd. Mit der Lutherdekade und den Planungen für das Großereignis Reformationsjubiläum befasste sich am Mittwoch der Kulturausschuss des Bundestages.

Die Freiheit von Religion und Gewissen sowie der Vorrang des Einzelnen vor der Institution seien keine Themen von gestern, sagte die Theologin. Auch der Einspruch gegenüber einer "gnadenlosen Gesellschaft, in der nur der was zählt, der zahlen kann", sei hochaktuell. Kultur und Künste seien gute Orte, um diese Gedanken neu und anders ins Spiel zu bringen. Diesen Themen widme sich auch ein Kirchenkulturkongress im nächsten Jahr in Berlin, kündigte die EKD-Beauftragte an.

35 Millionen Euro vom Bund

Das Reformationsjubiläum 2017 und die vorausgehende Lutherdekade werden vom Bund mit insgesamt 35 Millionen Euro unterstützt. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bekräftigte am Mittwochabend im Kulturausschuss des Bundestages, dass der Bund sich von 2011 an bis 2017 pro Jahr mit jeweils fünf Millionen Euro engagieren will. Das Geld stehe in seinem Etat bereit, sagte Neumann. In Hinblick auf die Folgen der Krise für die öffentlichen Haushalte sei dies mehr als man erwarten konnte.

Das Geld soll für bauliche Investitionen, eine Jubiläumsausstellung und Veranstaltungen verwendet werden. Lutherdekade und Reformationsjubiläum 2017 müssen nach Ansicht von Petra Bahr mehr als Geschichtspflege sein. "Die Erinnerung an die Reformation muss eine geistige und geistliche Bewegung werden, die Kultur und Gesellschaft erfasst", sagte sie dem epd.

Der Beauftragte der EKD in Wittenberg, Prälat Stephan Dorgerloh, sagte, es gehe um ein gesamtgesellschaftliches Ereignis mit protestantischem Profil. Dies solle mit internationalem Anspruch gestaltet werden. Die Reformationsjubiläen 1817 und 1917 seien sehr national und in Abgrenzung zur katholischen Welt ausgerichtet worden. Nun werde die Zivilgesellschaft eingebunden, sagte Dorgerloh. Der EKD-Beauftragte stellte dem Ausschuss die inhaltlichen Schwerpunkte der Dekade vor. Die Bauvorhaben seien eine nationale Aufgabe, betonte er.

"Eines der wichtigsten Kulturereignisse"

Der Leiter der Geschäftsstelle Luther 2017 in Wittenberg, Stefan Rhein, erklärte, die staatliche Seite werde sich schwerpunktmäßig an den Baumaßnahmen, dem touristischen Marketing und Programmen zur kulturellen Bildung beteiligen. Der Tourismusausschuss des Bundestages hatte bereits 2008 Experten zu einer öffentlichen Anhörung über "Luther 2017 - 500 Jahre Reformation" eingeladen.

Der Deutsche Kulturrat forderte, dass alle gesellschaftlichen Gruppen eingeladen werden sollten, um gemeinsam mit der Bundesregierung, dem Bundestag und den Kirchen über das Konzept zu diskutieren. Das Reformationsjubiläum sei eines der wichtigsten Kulturereignisse des nächsten Jahrzehnts, das kein rein staatliches oder kirchliches Ereignis werden dürfe, sagte Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann.

Mit der 2008 eröffneten Lutherdekade will die evangelische Kirche auf das Reformationsjubiläum 2017 vorbereiten. In jedem Jahr steht ein anderes Thema im Mittelpunkt. Das Jahr 2010 steht im Zeichen von Bildung und Reformation. Im nächsten Jahr ist Freiheit das Schwerpunktthema und 2012 gestaltet die EKD ein Jahr der Musik. Der legendäre Anschlag von 95 Thesen Martin Luthers (1483-1546) an der Schlosskirche zu Wittenberg am 31. Oktober 1517 gilt als Ausgangspunkt der Reformation.

epd