Medizin-Nobelpreis für "Vater" der Reagenzglasbabys
Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an den "Vater" der Reagenzglasbabys, Robert Edwards. Für seine Technik der künstlichen Befruchtung erhält der 85-Jährige als alleiniger Preisträger die bedeutendste Auszeichnung für Mediziner. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit.

Edwards' Technik haben einem Großteil der Menschen geholfen, begründete das Institut seine Wahl. Rund zehn Prozent der Paare weltweit seien unfruchtbar, etwa vier Millionen Menschen verdankten der Technik ihr Leben. Der Preis ist mit umgerechnet rund einer Million Euro (10 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert.

Edwards lebt in einem Seniorenheim in Großbritannien. Es sei fraglich, ob er den Preis im Dezember persönlich entgegennehmen könne, sagte ein Nobelkomitee-Sprecher. Edwards Frau habe aber mitgeteilt, er sei sehr erfreut über die Auszeichnung.

"Das Leben von Millionen in aller Welt ermöglicht"

Bereits in den 1950er Jahren hatte Edwards die Idee zur sogenannten In-Vitro-Fertilisation (IVF), heißt es in der Preisbegründung. Gemeinsam mit seinem Kollegen, dem 1988 gestorbenen Gynäkologen Patrick Steptoe, arbeitete er "systematisch, um sein Ziel zu erreichen, entdeckte wichtige Prinzipien der menschlichen Befruchtung und brachte es schließlich fertig, eine menschliche Eizelle im Reagenzglas zu befruchten." Sein Erfolg sei mit der Geburt des ersten Reagenzglasbabys am 25. Juli 1978 gekrönt worden. Louise Brown lebt in Großbritannien und hat auf natürliche Weise Nachwuchs bekommen.

"Edwards hat mit seiner Arbeit eine monumentale Herausforderung bewältigt. Er musste auch starken Widerstand des Establishments überwinden", sagte Christer Höög vom Nobel-Komitee. Der Leiter der von Edwards gegründeten britischen Bourn Hall Clinic, Mike Macnamee, freute sich über die Auszeichnung: "Edwards ist unser größter Wissenschaftler, seine inspirierende Arbeit in den frühen 60er Jahren hat zu einem Durchbruch geführt, der das Leben von Millionen von Menschen in aller Welt ermöglicht hat", sagte Macnamee.

Anfangs enormer Widerstand aus der Kirche

Die wichtigste Eigenschaft, die Edwards bei seiner Forschung an den Tag legte, war Ausdauer, sagte der Stockholmer Professor für Kindermedizin und Nobelpreis-Juror Hugo Lagercrantz: " Niemand hat am Anfang an Edwards geglaubt. Er bekam auch kein Geld für seine Forschung bewilligt. Die etablierte Wissenschaft glaubte ja, dass bei der künstlichen Befruchtung missgebildete Kinder herauskommen."

Nicht nur weltlichen Widerstand musste Edwards überwinden, sagte Lagercrantz der Nachrichtenagentur dpa: "Und dann gab es enormen religiösen Widerstand von Bischöfen und so, die meinten, nur Gott dürfe neues Leben schaffen. Besonders groß war der Widerstand in Deutschland. Da hat man sich am meisten vor all dem gefürchtet, was nach Manipulation am Menschen aussehen konnte. Als dann das erste Kind 1978 geboren wurde, wendete sich das plötzlich. Alle fanden Edwards Arbeit fantastisch."

Am Dienstag und Mittwoch werden die Träger des Physik- und des Chemie-Nobelpreises benannt. Die feierliche Überreichung findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. Donnerstag und Freitag sind der Literatur- und der Friedensnobelpreis an der Reihe.

dpa