Ist Baptistenbischof Eddie Long ein Sex-Täter?
Ein Megastar der afroamerikanischen Kirchenwelt kämpft um Ruf, Ansehen und Macht. Bischof Eddie Long (57) von der nach eigenen Angaben 25.000 Mitglieder zählenden "New Birth Missionary"-Baptistengemeinde unweit von Atlanta ist Ende September von vier jungen Männern des sexuellen Missbrauchs beschuldigt worden.
04.10.2010
Von Konrad Ege

Der Geistliche habe sie mit Geschenken und in einem Fall mit Tabletten zu sexuellen Handlungen verführt und ihnen eingeredet, Intimitäten "spiritueller Söhne" mit "Daddy" seien Gott gewollt, so die Männer. Der verheiratete Vater von vier Kindern versicherte seiner Gemeinde daraufhin unter tosendem Beifall der Gläubigen, er setze sich energisch gegen die Wiedergutmachungsklagen der vier zur Wehr - kämpfend wie David gegen den Riesen Goliath.

Wie auch immer das Zivilgerichtsverfahren ausgehen wird: Das David-Image passt nicht zu dem athletisch gebauten Mann, der gelegentlich im T-Shirt predigt und seine muskulösen Arme zur Geltung bringt, der einen Bentley fährt, Goldketten trägt und der nach Berichten der Zeitung "Atlanta Journal Constitution" bis zu drei Millionen Dollar im Jahr verdient hat.

These 1: Wer reich ist, hat Gottes Segen

Long findet an dieser Opulenz aus theologischer Sicht nichts Anrüchiges. Ganz im Gegenteil - göttlicher Segen sei eng mit materiellem Wohlstand verbunden, predigt er. Diese Erfolgstheologie hat in den USA viele Anhänger, besonders in unabhängigen evangelikalen Kirchen wie "New Birth Missionary Baptist". Long hat die Kirche zum heutigen Mega-Unternehmen ausgebaut, das international missioniert und karitativ tätig ist. Mitgliedern bietet "New Birth Missionary Baptist" ein "full service" Programm mit Fitnessstudio, Bibelstunden, Selbsthilfegruppen und Kursen für Jungunternehmer.

Die Religionsforscherin Rachel Tabachnick kritisiert, Longs Kirche sei Teil eines wachsenden und problematischen Trends in vielen evangelikalen Kirchen weg von "traditionellen demokratischen Strukturen", bei denen Gläubige ihre Pastoren und die Kirchenführung berufen. Bei "New Birth Missionary Baptist" habe Long alleine das Sagen, sei er doch von Gott auserwählt. Er sei nicht seelsorgender Pastor, sondern der Bischof, der alles kontrolliert. Long hat auch ein Netzwerk von Kirchen ins Leben gerufen, genannt "The Father's House". Mitglieder sind Dutzende Pastoren, die sich unter seine spirituelle Autorität stellen und dem "Father's House" zehn Prozent ihres Einkommens spenden.

These 2: Homosexualität ist Sünde

Besonders herausgestrichen wird in der Medienberichterstattung über die Missbrauchsanschuldigungen Eddie Longs Haltung zur Homosexualität. Er ist wortgewaltiger Vertreter der These, homosexuelle Beziehungen seien Sünde. Als 2006 nach dem Tod von Coretta Scott King der Gottesdienst für die Witwe von Martin Luther King in Longs Kirche gehalten wurde, kamen zwar Tausende, unter ihnen vier US-Präsidenten. Aber mehrere von Kings engsten Weggefährten blieben der Feier fern, darunter Harry Belafonte und Julian Bond. Coretta Scott King habe sich für Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen eingesetzt, und Long sei ein "rasender Schwulenfeind", sagte Bond der Zeitung "Georgia Voice."

"New Birth Missionary Baptist" bietet Kurse an, um Schwule und Lesben vom "Fluch" der Homosexualität zu befreien. Die Teilnehmer an einem kirchlichen Programm für männliche afroamerikanische Teenager werden zur sexuellen Enthaltsamkeit angehalten.

Anhänger vermuten Satan am Werk

Unter diesen oft aus einkommensschwachen und vaterlosen Familien kommenden "Longfellows" (Long-Brüdern) habe sich der Pastor seine Opfer ausgesucht, heißt es in den vier Zivilklagen. Long habe sich intensiv um sie gekümmert und sie mit auf Reisen genommen. Seine Anwälte stellen die Glaubwürdigkeit der Ankläger infrage. Ein Sprecher der Kirche erklärte am Freitag im örtlichen Fernsehsender WSB, Long habe das ihm zur Last gelegte gar nicht unentdeckt tun können, das wäre doch bekanntgeworden.

Eddie Long selbst äußerte sich trotz seiner Kampfankündigung nicht im Detail zu den Beschuldigungen. Er sei "nicht perfekt", sagte er in einer Predigt, aber er sei nicht so, wie er jetzt im Fernsehen dargestellt werde. Vor Kameras haben sich Gemeindemitglieder empört gezeigt über die Anklagen. Man will dem Bischof glauben und vermutet den Satan am Werk.

epd