TV-Tipp des Tages: "Tatort: Verrat" (WDR)
Dieser "Tatort" gehört zu den besten, die je mit den Kommissaren Ballauf und Schenk gedreht wurden. Dies liegt nicht nur an der frischen Regie, sondern auch der Geschichte: Mord an einem Diplomaten.
01.10.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: Verrat", Samstag, 2. Oktober, 20.15 Uhr im WDR

Ausgerechnet ein Routinier wie der damals 73-jährige Hans Noever hat vielen ungleich behäbigeren jüngeren Kollegen mit diesem Krimi vorgemacht, wie man eine Geschichte mit viel Temperament und trotzdem ohne Schnickschnack umsetzt. Garantie dafür ist vor allem die Bildgestaltung von Peter Przybylski, der bevorzugt mit der Handkamera gefilmt hat und auf diese Weise den Figuren immer wieder ganz nahe ist. Tempo bekommt der Film auch, weil Noever auf Schnitte verzichtet und statt dessen die Kamera schwenken lässt.
Ohne eine gute Geschichte aber nützen auch die besten Bilder nichts.

Horst Vocks, kaum minder erfahren als Noever, hat den Kölner Polizisten Ballauf und Schenk eine Handlung geschrieben, die ihnen eine perfekte Grundlage für ihre unterschiedlichen Temperamente bietet. Geschickt versteht es Vocks zudem, eine eigentlich einfache Grundidee clever zu verschachteln.

Am Anfang steht der offenbar professionell durchgeführte Mord an einem Diplomaten; die Kugel traf ihn ins Auge (kein schöner Anblick übrigens). Rasch stellen Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) einen Zusammenhang zur Entführung eines Managers in Kolumbien her, bei der das Lösegeld auf mysteriöse Weise verschwunden ist. Und welche Rolle spielt die rätselhafte Geheimagentin Karo (Bibiana Beglau), die sich als Austauschgeisel zur Verfügung gestellt hatte und dabei angeblich um's Leben kam? In Wirklichkeit ist sie munter und fidel, denn gerade erst hat sie ein lebensmüdes junges Mädchen aus dem Rhein gefischt.

Wie stets steht den Kölner Beamten auch wieder ihr Privatleben im Weg: Schenk ist von seiner Frau vor die Tür gesetzt worden, findet keine neue Bleibe (Möbelmesse!) und hat entsprechend schlechte Laune, und Sekretärin Franziska droht, einem Heiratsschwindler auf den Leim zu gehen. Es spricht für die Qualität sowohl des Drehbuches wie auch der Inszenierung, dass diese privaten Elemente jedoch nie zur Hauptsache werden. "Verrat" gehört auch heute noch, vier Jahre nach seiner Erstausstrahlung, zu den besten Filmen mit Ballauf und Schenk; ein Krimi, den man nicht so schnell vergisst.
 


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).