Udo Lindenberg beklagt "Ignoranz" der Westdeutschen
Rockmusiker Udo Lindenberg, deutsch-deutsches Idol lange vor der Wiedervereinigung, wundert sich über das Desinteresse vieler Westdeutscher am Osten. Dass gut jeder Fünfte noch nie und etwa die Hälfte nur selten im Gebiet der ehemaligen DDR waren, wie jüngst eine Umfrage ergab, ist für den 64-Jährigen nicht zu begreifen. "Das ist doch absolut weggetreten!", sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Hamburg.

"Es gibt dort so tolle sensible Menschen und ein geiles Angebot an wunderbaren Landschaften. Diese Ignoranz ist schwer nachzuvollziehen, das geht mir über die Hutschnur, wenn ich das höre!", meinte der Deutschrocker, der mit Hits wie "Mädchen aus Ostberlin" lange vor der Wiedervereinigung gegen die Teilung Deutschlands angesungen hatte.

"'Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört', hat Willy Brandt gesagt. Aber wieso sind wir so langsam? Ist doch sonst 'n schnelles Land, unsere Bunte Republik Deutschland." Und die von Helmut Kohl damals vorausgesagten "blühenden Landschaften? "Moment, da muss ich mal schnell mein Fernrohr holen", so der Panikrocker kurz vor dem 20. Jahrestag der Wiedervereinigung. Trotzdem bleibt er zuversichtlich: "Keine Panik, wir packen das schon! In Sachen Musik sind wir ja schon gut dabei", sagte der Sänger, der mit ostdeutschen Kollegen wie den Bands Silbermond, Silly, Rammstein oder den Prinzen befreundet ist. "Wenn's doch nur überall so gut liefe wie in der Musik."

Neuer Film über ein legendäres deutsch-deutsches Konzert

Lindenberg hatte damals hartnäckig um einen Auftritt in der DDR gekämpft und dafür den "Sonderzug nach Pankow" aufs musikalische Gleis gesetzt. Am 25. Oktober 1983 war es soweit: Im "Palast der Republik" in Ostberlin gab er sein langersehntes Konzert - bis zum Mauerfall blieb es das einzige im Osten. Die Geschichten rund um den historischen Auftritt sind legendär, doch nun schlägt ein neuer Film "Die Akte Lindenberg" auf - erzählt von TV-Moderator Reinhold Beckmann. Der ARD-Talker war vor 27 Jahren als Kameraassistent mit Lindenberg unterwegs und an jenem Abend hautnah dabei. Auf dem Filmfest in Hamburg wird der Streifen, der in der ARD ausgestrahlt werden soll, nun erstmals gezeigt. "Auch ich habe ihn noch nicht gesehen und bin wahnsinnig gespannt", meinte Lindenberg.

Das Filmfest stellt die Produktion am 3. Oktober vor - dem Tag der Einheit. Doch dem Feiertag selbst kann Lindenberg nichts abgewinnen. "Das ist doch nur ein willkürlich festgelegtes Datum. Wenn schon, dann ist der 9. November der entscheidende Tag - als die Mauer fiel. Das war die geilste Party der Welt!" Am 9. November sollte in diesem Jahr eigentlich auch sein Musical "Hinterm Horizont" im Theater am Potsdamer Platz in Berlin Uraufführung feiern, diese wurde aber auf Januar verschoben. Dann zeigt Lindenberg, der noch immer stolzer Besitzer eines goldenen Trabis ("der auch immer noch fährt!") ist, sein deutsch-deutsches "Panical": "Eine East Side Story über eine Liebe, die nicht sein durfte - getrennt durch den Eisernen Vorhang."

dpa