Einigkeit und Recht und Freiheit im TV
Deutschland feiert die Wiedervereinigung, doch die Jubelstimmung ist gedämpft: In den Wochen vor dem 20. Jahrestag war viel von der Unzufriedenheit der Deutschen in Ost und West zu lesen. Das Fernsehen lässt zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober trotzdem die Korken knallen. Mit Dokumentationen, Spielfilmen und Live-Übertragungen der Feierlichkeiten in Bremen und Berlin gedenken zahlreiche Sender jenes historischen Moments vor 20 Jahren, als der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in der Nacht auf den 3. Oktober 1990 vor dem Reichstag in Berlin feierlich verkündete: "Die Einheit Deutschlands ist vollendet."
29.09.2010
Von Cornelia Wystrichowski

Ist sie das wirklich? Dieser Frage geht am Vorabend des Feiertags (Samstag, 2.10., 19.05 Uhr) eine Spezialausgabe des RTL-Magazins "Explosiv Weekend" nach. Unter dem eher spaltenden als versöhnenden Motto "Ossis gegen Wessis: So denken die Deutschen wirklich" werden Menschen aus den alten und den neuen Bundesländern mit Hilfe eines Lügendetektors befragt – so soll gezeigt werden, ob die Mauer in den Köpfen immer noch steht.

Erstausstrahlungen sind im Jubelprogramm am Einheitswochenende zwar rar, weil die Sender ihr Pulver im Vorfeld schon ein wenig verschossen haben. So ist die ARD-Serie "Weissensee" bereits vor Wochen gestartet. Sehenswerte Beiträge gibt es dennoch viele, einen der schönsten hat 3sat am Samstag zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr im Programm: Mavie Hörbiger und Jan Josef Liefers führen durch die Theatergala "Die Deutschlandrevue", die wenige Tage zuvor im Staatsschauspiel Dresden aufgezeichnet wurde. Stars wie Mario Adorf und Angelica Domröse bringen mit Liedern, Gedichten, Filmausschnitten und Theaterszenen Meilensteine der deutschen Geschichte seit 1945 auf die Bühne. Unter anderem stehen Texte und Szenen von Thomas Mann, Heinrich Böll und Uwe Tellkamp auf dem Programm.

Dokumentationen

Eine Aufzählung all der interessanten Dokumentationen, die am Einheitswochenende im Fernsehen laufen, verbietet sich schon aus Platzgründen. Allein RTL sendet am Sonntag ab 23.20 Uhr drei Beiträge, zwei über die Methoden der Stasi und eine über gescheiterte DDR-Flüchtlinge. Besondere Beachtung verdient dabei der Beitrag "Der Verrat – Wie die Stasi Kinder und Jugendliche als Spitzel missbrauchte" (23.20 Uhr), der in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Deutschland entstand (Weitere Informationen bei der evangelischen Rundfunkarbeit). Rund 10.000 Minderjährige wurden vom Geheimdienst der DDR als inoffizielle Mitarbeiter ausgenutzt, einige wurden skrupellos zur Mitarbeit erpresst. In dem Beitrag von Andreas Kuno Richter brechen mehrere Betroffene ihr Schweigen und berichten, wie sie von Offizieren angeworben wurden und mit welchen Ängsten und Schuldgefühlen sie bis heute leben müssen. Die heute 44-jährige Nina etwa glaubte bis vor kurzem, sie habe 1982 als Stasi-Spionin ihre beste Freundin ins Gefängnis gebracht. Zu Unrecht, wie sie erfährt, als sie vor laufender Kamera zum ersten Mal ihre Stasi-Akten einsieht.

Sehenswerte Dokumentationen gibt es auch bei Phoenix, der Sender stellt sein Programm am ganzen Sonntag ins Zeichen der Wiedervereinigung. Im ZDF läuft zudem von Sonntag auf Montag ab 1.45 Uhr "Die lange Nacht der Deutschen Einheit". Sogar der nicht gerade als Bildungssender bekannte Privatkanal Super RTL mischt mit – zum Stopfen geschichtlicher Wissenslücken sind die Beiträge "Tschüss Genossen!" Und "Ätsch Genossen!" (Samstag ab 22.15 Uhr) aber nur bedingt geeignet.

Das Leben der Anderen

Richtig feierlich wird es am Sonntag, wenn das ZDF ab 10.00 Uhr den Ökumenischen Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit überträgt und um 19.10 Uhr live nach Berlin zu den dortigen Feierlichkeiten schaltet. Das Erste zeigt ab 12.00 Uhr den Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Bremen. Am Sonntagabend schlägt dann die Stunde der Filmfreunde: Super RTL zeigt das Wendedrama "Prager Botschaft" (20.15 Uhr), Kabel 1 sendet die Kinokomödie "NVA" (20.15 Uhr), und wer das mit einem Oscar ausgezeichnete Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" bislang verpasst hat, sollte sich die Wiederholung um 21.45 Uhr im Ersten nicht entgehen lassen.


Cornelia Wystrichowski ist freie Journalistin und arbeitet in Berlin