Die Neuberechnung für den Hartz IV-Regelsatz ändert nichts an der Realität in der Stadt Frankfurt am Main. Vor allem die Nichtanhebung der Kinderregelsätze ist ein großer Fehler. Nach der aktuellen Sozialberichterstattung leben rund 19.000 Kinder in unserer Stadt von Sozialgeld. Das ergibt einen Anteil von über 20 Prozent. Damit liegt der prozentuale Anteil deutlich über dem Landesdurchschnitt in Hessen.
Es bleibt daher eine Aufgabe der Stadtpolitik, weitere entlastende Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehört eine umfassende gesunde Mittagsversorgung. Da immer noch Kinder aus finanziellen Gründen nicht in einer Kindertagesstätte angemeldet werden oder erst sehr spät, soll über eine Befreiung von der Beitragspflicht in der unteren Stufe nachgedacht werden. Dies ist eine der Maßnahmen, die der Sozialbericht der Stadt Frankfurt fordert.
Lebensrealität nicht ernst genommen
Durch die leichte Erhöhung der Hartz IV-Regelsätze um fünf Euro bei den Erwachsenen und das gleich gebliebene Niveau bei den Kindern hingegen wird keine grundsätzliche Veränderung eintreten. Insofern sind die Pläne für die neuen Regelsätze eine große Enttäuschung, da sie die Lebensrealität zahlreicher Familien und Kinder auch in unserer Stadt nicht ernst genug nehmen. Auch das angekündigte Gutscheinsystem kann bestenfalls als eine zusätzliche Leistung verstanden werden, deren Wirksamkeit es abzuwarten gilt.
Gerade aus dem Blickwinkel der Diakonie in Frankfurt am Main, die sich gezielt gesellschaftlichen Herausforderungen stellt, kirchliche Angebote auf den Sozialraum der Stadt hin entwickelt und seit nunmehr 100 Jahren als ein unverzichtbarer Partner an einer gerechten und sozialen Stadtgesellschaft mitarbeitet, erscheint dies abermals als eine verpasste Chance.
Dr. Michael Frase ist evangelischer Pfarrer und Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt am Main.