"Schwesterherz", 28. September, 20.15 Uhr bei 3Sat
Es ist immer riskant, in einem Drehbuch autobiografische Züge zu vermuten, doch in diesem Fall hat die Autorin die Selbstreferenz ausdrücklich betont: Sie erkenne sich durchaus in der Hauptfigur, die sie selbst ersonnen hat. Ein mutiges Bekenntnis von Heike Makatsch, denn die von ihr verkörperte Musikmanagerin Anne ist eine alles andere als sympathische Person. Als Repräsentantin des Showbusiness", zu dem selbstredend auch die Film- und Fernsehbranche gehört, ist sie so perfekt getroffen, dass man hin- und hergerissen ist: hingerissen ob der schonungslosen Entlarvung der Branche und ihrer Mitwirkenden als oberflächliche Schaumschläger; hergerissen, weil es naturgemäß nur wenig Freude macht, solchen Gestalten dabei zuzuschauen, wie sie die Zeit (und das Geld) anderer Leute verschwenden.
Das ändert sich, als Marie ins Spiel kommt, Annes Schwester, für deren Verkörperung Anna Maria Mühe nicht viel mehr zu tun braucht als sich so normal wie möglich zu verhalten. Schon ist Marie der perfekte Gegenentwurf zur exaltierten, permanent grenzhysterischen und ohne ihr mobiles Telefon, der Nabelschnur zu ihrem Büro, gänzlich lebensunfähigen Anne. Emotional ist die Managerin, obschon jung an Jahren, ohnehin längst ein Wrack. Die Stärke von Ed Herzogs Films liegt daher vor allem in der Führung seiner beiden Hauptdarstellerinnen: Das auch im sonnigen Süden konsequent farblos gehaltene Drama über die beiden ungleichen Schwestern, die einen gemeinsamen Urlaub verbringen, ist immer dann am besten, wenn die Kamera (Sebastian Edschmid) mitten drin in den Konflikten ist.
Besonderer Respekt aber gebührt Makatsch, die die Hauptfigur gemeinsam mit Koautorin Johanna Adorján mit fast genüsslicher Konsequenz demontiert. Dass das Werk sein Publikum, wie sie hofft, dazu bringt, "die Kraft für Veränderungen und radikale Entschlüsse" zu finden, ist vielleicht ein bisschen viel verlangt. Aber zum Nachdenken kann es durchaus animieren.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).