"Eine Sennerin zum Verlieben", Freitag, 24. September, 20.15 Uhr im Ersten
Einige Szenen klingen in ihrer schlichten Deftigkeit in der Tat eher nach handfester Klamotte: Natürlich wird der Antiheld, als er das im Morast stecken gebliebene Gefährt der Dame seines Herzens anschiebt, über und über mit Matsch besudelt; selbstredend entpuppt sich ein scheinbar handzahmer Stier als wilde Bestie, die die beiden mitten hinein in einen Heuschober und damit in die traute Zweisamkeit hetzt. Aber es gibt auch diverse subtilere Humoresken in dieser Geschichte von Horst und Eva Kummeth, denen ihr männlicher Hauptdarsteller schon die hübsche Komödie "Mein Nachbar, sein Dackel und ich" zu verdanken hat.
Der Finanzbeamte, den Günther Maria Halmer hier verkörpert, könnte durchaus ein naher Verwandter des dortigen Bestatters sein: Bernhard Maiwald ist ein Ausbund an Korrektheit; der Korinthenkacker, wie er im Buche steht. Fast zwanghaft muss er Bilder gerade rücken oder andere Details korrigieren. Als er im Finanzamt einer beschaulichen oberbayerischen Gemeinde nach dem Rechten sehen soll, bieten sich ihm Sodom und Gomorrha dar; zumindest in fiskalischer Hinsicht. Die bloß aus einer Sammlung loser handschriftlicher Notizen bestehende Steuererklärung der Sennerin Ariane Ostler (Michaela May) schockiert den Revisor derart, dass er an der Frau ein Exempel statuieren will, "rigoros und abschreckend!".
Klischee des Genres
Irgendwie aber scheinen sich Ordnung und Chaos anzuziehen, doch da ist es schon zu spät und der Steuerbescheid bereits auf dem Weg: Ariane soll Steuerschulden in Höhe von 150.000 Euro begleichen. Der intrigante Bürgermeister (Alexander Held) nutzt die Gelegenheit und überredet sie zum Verkauf ihrer Alm; dort will ein Investor das in Geschichten dieser Art unvermeidliche Großhotel errichten. Ariane und ihre Tochter (Alexandra Schiffer, auch im wirklichen Leben Mays Tochter) sind untröstlich, aber Bernhard hat noch ein As im Ärmel.
Mit Recht mag man einwänden, dass die Figuren letztlich doch dem üblichen Klischee des Genres entsprechen; gerade Alexander Held hat solche Typen schon oft genug gespielt. Seltsam auch, dass die Bürgermeister im Heimatfilm derart oft so finstere Gestalten sind. Auch die Inszenierung legt nicht gerade ein irrwitziges Tempo vor, und einige Szenen sind von bemerkenswerter Vorhersehbarkeit: Natürlich pustet der Durchzug dem Philatelisten Bernhard gleich zweimal die Briefmarken vom Tisch, als Ariane ihn in seiner Pension aufsucht. Aber die Spielfreude von Halmer und May macht das locker wett. Sie ist wie ansteckend wirkende gute Laune, zumal es den beiden mit Leichtigkeit gelingt, selbst den potenziell klamottigen Momenten erstaunlich viel Fröhlichkeit abzugewinnen.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).