Der Vorsitzende des Aktionsbündnisses "Amoklauf Winnenden", Hardy Schober, sagte dem epd, Tim K. sei höchstwahrscheinlich noch viel öfter beim Training gewesen. Das habe er von einem Mitglied des Schützenvereins erfahren. Noch wenige Tage vor der Tat mit 16 Toten soll Tim K. dort gesehen worden sein.
Tim K. "nicht unbedingt integriert"
Bei der Durchsuchung von Tim K.s Zimmer seien zahlreiche nicht jugendfreie Horror- und Gewaltfilme gefunden worden, sagte der Kriminaloberkommissar. Diese habe der Schüler nach Aussage eines Freundes zum Teil schon im Alter von 13 Jahren angesehen. Auf dem Computer des Täters hätten sich zudem Porträtaufnahmen von Amokläufern und Massenmördern sowie Videoclips vom Amoklauf in Emsdetten und im US-amerikanischen Littleton befunden. Noch drei Tage vor der Tat habe Tim K. gewaltverherrlichende Computerspiele gespielt.
Zudem zitierte der Kriminaloberkommissar Lehrer und Schüler, die zu dem späteren Amokschützen Kontakt hatten. Tim K. sei "nicht unbedingt integriert gewesen", aber auch kein Außenseiter, habe immer freundlich gegrüßt und sich nichts aus Mädchen gemacht. Tims Nachhilfelehrerin für Deutsch und Englisch gab dagegen an, Tim habe ihr erzählt, er werde wegen seiner Brille und seiner Kleidung gemobbt. Er beklagte sich ihrzufolge, dass ihn vor allem Mädchen hänselten. Der oft versetzungsgefährdete Schüler habe Versagensängste gehabt.
Kernfrage: War das Handeln des Vaters die Ursache für den Tod der Opfer?
In dem Prozess soll eineinhalb Jahre nach dem Amoklauf geklärt werden, ob der Vater eine Mitschuld an dem Verbrechen trägt. Der 51-Jährige wird beschuldigt, die Tatwaffe im Schlafzimmerschrank unverschlossen aufbewahrt zu haben. Sein 17 Jahre alter Sohn Tim hatte mit der Pistole am 11. März 2009 an der Albertville-Realschule in Winnenden bei Stuttgart neun Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrerinnen erschossen. Auf der Flucht tötete er drei Menschen, bevor er sich selbst das Leben nahm.
Bisher steht der Angeklagte wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz vor Gericht. Geklärt werden soll auch, wie der Schüler an die Menge Munition kommen konnte, die er am Tattag dabeihatte. Hätte der 17-Jährige den Code des Tresors gekannt, wäre er auch dann an die Mordwaffe und Munition gekommen, wenn sein Vater sie wie vorgeschrieben im Safe verschlossen hätte. Dann wäre der Verstoß des Vaters gegen das Waffengesetz nicht die Ursache für das Massaker.
Zu Prozessbeginn schloss der Vorsitzende Richter Reiner Skujat nicht aus, den zurückgestellten Vorwurf der fahrlässigen Tötung in 15 Fällen sowie der fahrlässigen Körperverletzung in 14 Fällen wieder aufzugreifen. Jörg K. sitzt 43 Nebenklägern gegenüber, die von 19 Anwälten vertreten werden. Die meisten Nebenkläger sind Eltern, deren Kinder von Tim K. erschossen wurden. Noch 24 Verhandlungstage sind bis zum 11. Januar angesetzt.