Papst wirbt in Großbritannien für Ökumene
Papst Benedikt XVI. hat bei einem Treffen mit Vertretern anderer Religionsgemeinschaften in London Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Glaubensrichtungen betont.

Papst Benedikt XVI. hat am zweiten Tag seiner Großbritannien-Visite die Ökumene und den Dialog der Religionen in den Mittelpunkt gestellt. Bei einem Treffen mit Vertretern anderer Religionsgemeinschaften betonte er die Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Glaubensrichtungen. Gläubige suchten auf unterschiedliche Weisen nach einer Antwort auf die wichtigste Frage, nach dem "letzten Sinn des menschlichen Daseins", sagte das Kirchenoberhaupt am Freitag in Anwesenheit von Juden, Muslimen, Hindus und Sikhs.

Unterdessen verhaftete die britische Polizei während des Papstbesuchs in London fünf Männer im Alter zwischen 26 und 50 Jahren unter Terrorverdacht. Die Betroffenen seien arabischer Herkunft, meldete der britische Rundfunksender Sky am Freitag. Bei Hausdurchsuchungen im Rahmen der Festnahmen seien keine Waffen gefunden worden. Benedikt zeigte sich überzeugt, dass authentischer religiöser Glaube zur moralischen Umkehr führe und dazu verpflichte, in Frieden mit seinem Nächsten zu leben. Dialog zwischen den einzelnen Glaubensgemeinschaften dürfe nicht nur auf geistlicher, sondern müsse auch auf praktischer Ebene im täglichen Zusammenleben geführt werden, forderte er im Walpole House am katholischen St. Mary's University College.

Schüler müssen geschützt werden

Zum Thema sexueller Missbrauch betonte das Kirchenoberhaupt bei einem Treffen mit Vertretern katholischer Bildungsinstitutionen sowie Schülern und Studenten die Notwendigkeit, Schüler katholischer Bildungseinrichtungen zu schützen. Es liege in der Verantwortung katholischer Institutionen, dafür zu sorgen, dass "unsere Schulen eine sichere Umgebung für unsere Kinder und Jugendlichen bieten".

Während eines Treffens mit dem anglikanischen Primas, Rowan Williams, betonte der Papst zugleich die Notwendigkeit und die Grenzen des ökumenischen Dialogs. Vor dem Hintergrund wachsender kultureller Vielfalt nicht nur in Großbritannien sei die Zusammenarbeit zwischen Anglikanern und Katholiken "unbedingt notwendig", sagte er im Londoner Lambeth Palace.

Bei der Begegnung wollte er nicht über Schwierigkeiten sprechen, die "sich auf dem ökumenischen Weg in der Vergangenheit ergeben haben und sich weiter ergeben werden". Er dankte vielmehr für die Ergebnisse des seit vierzig Jahren währenden Dialogs und äußerte die Hoffnung, dass dieser weiterhin zu "bedeutendem Wachstum" führen werde.

Primas nennt Besuch "historische Gelegenheit"

Der Erzbischof von Canterbury, Williams, bezeichnete den Papstbesuch als "historische Gelegenheit" für die anglikanische Kirche und für die britische Gesellschaft. Offene Fragen, die einer vollen Gemeinschaft zwischen Anglikanern und Katholiken im Weg stünden, würden voraussichtlich "nicht rasch" überwunden, sagte das geistliche Oberhaupt der anglikanischen Weltgemeinschaft bei einer Begegnung mit Benedikt.

Es gebe jedoch "keine Hindernisse für unsere Suche" nach engeren Beziehungen, fügte Williams hinzu. Der Erzbischof, der weltweit rund 77 Millionen anglikanische Christen repräsentiert, äußerte die Hoffnung, dass Benedikts Visite "frische Energie und Visionen für die Zusammenarbeit" zwischen beiden Kirchen geben werde. Williams würdigte zudem den britischen Theologen John Henry Newmann (1801-90), den der Papst am Sonntag in Birmingham seligsprechen will.

Im Anschluss sollte Benedikt in der Westminster Hall vor Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur eine Ansprache halten und in der Westminster Abbey, der Krönungskirche der britischen Könige, gemeinsam mit Williams eine ökumenische Feier leiten.

epd