TV-Tipp des Tages: "Das Glück kommt unverhofft" (ARD)
Sozialromanze mit Happy End: Zwei Menschen verlieben sich. Einer von beiden hütet ein düsteres Geheimnis, verpasst aber den richtigen Zeitpunkt, dem anderen die Wahrheit zu gestehen.
15.09.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Das Glück kommt unverhofft", 17. September, 20.15 Uhr im Ersten

Im wirklichen Leben würden sie sich nie begegnen, die alleinerziehende Fabrikarbeiterin Lotte Wagner und der arrogante Manager Matthias Winkelmann. Aber freitags im „Ersten“ ist die Welt noch in Ordnung, und deshalb gibt es in dieser Sozialromanze auch ein Happy End für alle Beteiligten; vorausgesetzt, sie gehören zu den Guten. Damit ist keineswegs zu viel verraten, denn „Das Glück kommt unverhofft“ gehorcht jenem Strickmuster romantischer Dramen, das man aus Dutzenden Filmen dieser Art kennt: Zwei Menschen verlieben sich. Einer von beiden hütet ein düsteres Geheimnis, verpasst aber den richtigen Zeitpunkt, dem anderen die Wahrheit zu gestehen. Als sie ans Licht kommt, wirft das prompt einen gewaltigen Schatten auf die Beziehung.

In diesem Fall ist es gar nicht mal die soziale Kluft, die Lotte (Jule Ronstedt) und Matthias (Heio von Stetten) trennt. Nach einer ersten Begegnung im Straßenverkehr, als Matthias nicht gerade den besten Eindruck hinterlässt, treffen sie sich auf dem Fußballplatz wieder: Lotte ist Trainerin einer F-Jugend, Matthias ein Besserwisser, dessen Tipps allerdings gar nicht schlecht sind. Und weil ihm nach einem Schwächeanfall eine vierwöchige Ruhepause verordnet worden ist, hat er auch Zeit: für die Mannschaft, für Lotte, für ihren Sohn. Und für Lottes Sorgen: Ihrem Webstoffbetrieb „Rheinland“ droht die Schließung, weil der Textilkonzern Bloomfeld, für den das kleine Unternehmen arbeitet, die Produktion in ein Billiglohnland verlagern will.

Matthias ist Vorstandsmitglied der Bloomfeld AG; Lottes Chef (Karl Kranzkowski), beeindruckt vom selbstbewussten Auftreten der Arbeiterin, nimmt sie mit zu den Verhandlungen, wo sie prompt sehr unsanft von Wolke sieben plumpst, als sie zufällig entdeckt, dass Matthias für die Gegenseite arbeitet. Zu allem Überfluss droht er, Opfer einer Intrige zu werden: Ein junger Nebenbuhler hat es auf seinen Posten abgesehen und forciert die Auslandspläne.

Die meisten Handlungswendungen sind vorhersehbar, vom Ende ganz zu schweigen. Dennoch ist „Das Glück kommt unverhofft“ dem Allerweltstitel zum Trotz ein Film, den man sich gern anschaut. Jule Ronstedt und Heio von Stetten ergänzen sich prima, zumal das Drehbuch (Bettina Börgerding, Iris Uhlenbruch) diverse liebevoll entworfene Nebenfiguren ins Spiel bringt; allen voran Philipp Sonntag als weiser Gärtner, der Matthias in die Geheimnisse der Blumensprache einweiht und regelmäßig in stiller Hingabe zu einer Nachbarin erglüht. Schön ist auch die Szene, in der der einsam und zurückgezogen lebende Matthias bei den Wagners zum Essen eingeladen ist und offenkundig zum ersten Mal seit langer Zeit mit dem geballten Leben konfrontiert wird. Inszeniert hat den Film Sibylle Tafel, deren romantische Komödien („Der Butler und die Prinzessin“, „König Drosselbart“) ohnehin stets großen Charme haben.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).