Stromklau - Aufgeladener Akku kein Kündigungsgrund
Nach dem Urteil im Fall der Berliner Kassierin "Emmely" ist nun auch die Kündigung eines Computerfachmanns wegen eines aufgeladenen Akkus endgültig vom Tisch.

Die Berufung seines Arbeitgebers wies das Landesarbeitsgericht Hamm am Donnerstag ab. Die siegerländische Firma hatte dem 41-Jährigen gekündigt, weil er den Akku seines Elektrorollers im Büro aufgeladen hatte - Kosten: 1,8 Cent.

Das Arbeitsgericht Siegen hatte die Kündigung aus dem Jahr 2009 bereits im Januar aufgehoben. Auch die Richter in Hamm hielten die Kündigung nun für unwirksam. Eine Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts in Hamm wurde nicht zugelassen.

Der IT-Experte habe 19 Jahre lang in der Firma gearbeitet und sich in der Zeit nichts zuschulden kommen lassen, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Richter verwiesen auf den Fall der Berliner Supermarkt-Kassiererin «Emmely», der wegen 1,30 Euro gekündigt werden sollte. Sie hatte in letzter Instanz gegen ihren Arbeitgeber gesiegt.

In beiden Fällen sei der «geringe Geldwert» und die lange Mitarbeit in dem jeweiligen Unternehmen zu berücksichtigen. «Emmely» war im Februar 2008 nach 31 Jahren fristlos entlassen worden, weil sie zwei liegengebliebene Pfandmarken im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte.

In den vergangenen Jahren sorgten mehrere Kündigungen wegen Bagatelldelikten für Aufsehen. Erst im März 2010 war eine Altenpflegerin entlassen worden, weil sie sechs Maultaschen mitgenommen hatte. Derzeit kämpft eine Putzfrau aus Baden-Baden um ihren Job: Ihr Arbeitgeber hatte der 32-Jährigen gekündigt, weil sie eine Flasche Orangensaft geklaut haben soll. Der Fall wird im Oktober verhandelt.

Ein geringerer Schaden als im Fall des Computerfachmanns sei «kaum vorstellbar», urteilten die Richter. Zudem habe sein Arbeitgeber geduldet, dass beispielsweise Handy-Akkus in der Firma aufgeladen werden.

Während des Rechtsstreits hatten Kollegen den «Stromdieb» sogar in den Betriebsrat des Unternehmens gewählt. «Jetzt freut er sich auf seinen ersten Arbeitstag», sagte ein Gerichtssprecher. Wann genau der sein wird, ist noch unklar. Der Familienvater will trotz des Zwists mit seinem Arbeitgeber weiter in der Firma bleiben.

dpa