Mehr als fünf Wochen nach der Loveparade-Katastrophe von Duisburg haben zwei Rechtsgutachten die Polizei ebenso wie die Stadt Duisburg entlastet. Das am Mittwoch vorgestellte Gutachten für das nordrhein- westfälische Innenministerium sieht die Verantwortung für die Sicherheit bei der Duisburger Stadtverwaltung und dem Veranstalter Lopavent. Die Polizei habe laut Ordnungsrecht nur eine nachgeordnete Zuständigkeit gehabt. Genau dies bestreitet jedoch das Gutachten, das die Stadt Duisburg vorgestellt hat. Darin wird jede Verantwortung der Stadt zurückgewiesen.
In dem Gutachten einer Bonner Rechtsanwaltskanzlei für das Innenministerium heißt es, die Stadt hätte auch am Tag der Loveparade kontrollieren müssen, ob der Veranstalter alle Sicherheitsauflagen einhält. Bei Mängeln hätte die Stadt dafür sorgen müssen, dass sie abgestellt werden.
Nach Angaben des innenpolitischen Sprechers der SPD- Landtagsfraktion, Thomas Stotko, haben die Duisburger Ordnungsbehörden das Gelände auf dem ehemaligen Güterbahnhof zuletzt am Vorabend der Veranstaltung kontrolliert. Am Tag der Loveparade habe es nach den ihm vorliegenden Unterlagen keine Kontrolle gegeben.
Veranstalter stellte Videos ins Netz
Ob die Polizei am Tag der Katastrophe früher eingreifen "und den Laden" hätte übernehmen müssen, könne nur die Staatsanwaltschaft klären, sagte Stotko. Dazu habe der Innenausschuss des Landtags, der sich am Donnerstag erneut mit der Katastrophe befassen wird, keine Möglichkeit. Die Polizei hatte wiederholt betont, sie sei vom Veranstalter um Hilfe gebeten worden, weil dessen Sicherheitskonzept zusammengebrochen sei.
Lopavent-Chef Rainer Schaller hatte am Montag einen aus Aufnahmen von Überwachungskameras zusammengeschnittenen Film ins Internet gestellt, in dem eine Polizeikette auf der Hauptrampe zum Loveparade-Gelände als Hauptursache der Katastrophe dargestellt wird. Schaller will am Donnerstag nicht zur Sitzung des Innenausschusses kommen. Der umstrittene Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) hat seine Teilnahme bei der Sitzung dagegen zugesagt.
Die Stadt Duisburg hat in ihrem Abschlussbericht zur Loveparade jede Verantwortung für die Katastrophe zurückgewiesen. "Die Stadt hat bei der Planung und Vorbereitung der Loveparade nicht gegen Amtspflichten verstoßen. Die Mitarbeiter haben rechtmäßig gehandelt", lautet das Resümee eines 130 Seiten starken Abschlussberichtes, den am Mittwoch in Duisburg eine Anwaltskanzlei im Auftrag der Stadt vorlegte.
OB Sauerland will im Ausschuss Stellung nehmen
Es lasse sich nicht ausschließen, dass Dritte gegen Auflagen der Stadt verstoßen hätten, heißt es im Bericht. Der Veranstalter Lopavent habe beispielsweise Zäune auf der Zugangsrampe nicht entfernt und dadurch Wege eingeschränkt. Die Ermittlungsbehörden müssten prüfen, ob die Stagnation im Tunnel und auf der Rampe verursacht wurde, weil die Rampe gesperrt, die Eingänge aber nicht gleichzeitig geschlossen wurden. Die Gefahrenabwehr auf dem Veranstaltungsgelände sei Sache der Polizei und der Veranstalter gewesen. "Neben der Polizei war eine zusätzliche Gefahrenabwehr durch die Bauaufsicht oder das Ordnungsamt nach den Absprachen weder vorgesehen noch rechtlich erforderlich", heißt es in dem Bericht.
Zum Unglück habe letztlich beigetragen, dass Fluchtwege wie die Zu- und Abgangsrampe am Veranstaltungsgelände nicht vollständig freigehalten wurden und eine Stagnation im Tunnel im Zugangsbereich nicht verhindert wurde. Das sei im Sicherheitskonzept des Veranstalters aber vorgesehen gewesen, sagte Rechtsanwältin Ute Jasper. Die Stadt sei dafür verantwortlich gewesen, das Konzept abzunehmen. Das sei auch geschehen. Einen Tag vor der Loveparade habe die Bauaufsicht "grünes Licht" gegeben.
Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) hat bislang eine Übernahme politischer Verantwortung abgelehnt. Gegen ihn läuft ein Abwahlantrag im Rat. Am Donnerstag will er im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags Stellung nehmen.