"Stuttgart 21": Protest vor der Tür von Mappus
Die Proteste gegen das Milliarden-Bahnprojekt "Stuttgart 21" gehen weiter. Gegner des umstrittenen Vorhabens wollen am Mittwoch in Stuttgart vor dem Amtssitz von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) demonstrieren.

Genau eine Woche nach Beginn der Abbrucharbeiten am Nordflügel des Hauptbahnhofs erwarten die Veranstalter mehrere tausend Menschen vor der Villa Reitzenstein. Unter dem Motto "Mappus, tritt unsere Argumente nicht mit Füßen" wollen sie ihre auf Zettel und Pappen geschriebenen Argumente gegen das Projekt auf die Straße kleben.

Befürworter und Gegner des Projekts streiten derweil darüber, ob "Stuttgart 21" noch aufzuhalten ist. Die CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag nahm unmittelbar vor einem Krisentreffen den Gegnern des Bahnprojekts die Hoffnung auf einen Baustopp. "Ich glaube, dass ein Teil des Protests darauf zurückzuführen ist, dass von bestimmten Kreisen ­ namentlich den Grünen ­ immer wieder suggeriert wird, das Thema sei noch nicht beschlossen oder der Bau umkehrbar", sagte Fraktionschef Peter Hauk der "Rhein-Neckar-Zeitung" (Mittwoch). "Tatsache ist aber: Alle beteiligten Gremien ­ der Bundestag, der Landtag, der Stuttgarter Gemeinderat, die Region Stuttgart ­ haben das beschlossen. Nach den Beschlüssen wurden die Verträge unterzeichnet ­ die sind alle unter Dach und Fach."

Dagegen sieht der Chef des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, Chancen, dass der umstrittene Bahnhofsneubau nach den anhaltenden Protesten noch gekippt wird. "Die Politiker und die Bahn haben sicherlich nicht mit so viel Widerstand gerechnet", sagte er der "Berliner Zeitung" (Mittwoch). "Zudem hat die CDU in Baden-Württemberg aufgrund ihrer schwindenden Mehrheiten jetzt wirklich Angst, die nächste Wahl zu verlieren. Das könnte dazu führen, dass man dieses Projekt noch mal überdenkt und auf Planungen zurückgreift, den Kopfbahnhof zu modernisieren."

CDU-Fraktionschef Hauk sagte jedoch, er glaube nicht, dass sich die monatelangen Proteste für die CDU negativ bei der Landtagswahl im März kommenden Jahres auswirken könnten.

Bei dem 4,1 Milliarden Euro teuren Projekt "Stuttgart 21" soll der Kopfbahnhof in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt und an die künftige Schnellbahntrasse nach Ulm angeschlossen werden. Nach den massiven Protesten der vergangenen Monate ist nun ein Krisentreffen zwischen Gegnern und Projektträgern geplant. Die Gegner halten das Vorhaben für zu teuer und für verkehrspolitisch unsinnig.

Bund will für "Stuttgart 21" mehr Geld von Land und Bahn

Der Bund will nach Informationen der "Stuttgarter Zeitung" das Land Baden-Württemberg und die Bahn bewegen, sich über die vertraglich vorgesehenen Beträge hinaus an den Mehrkosten für die ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse Wendlingen-Ulm zu beteiligen. Unter Berufung auf Bahnkreise berichtet das Blatt am Mittwoch, das Bundesverkehrsministerium wolle die Projektpartner zu der Finanzierung für die Mehrkosten an der Trasse heranziehen. Hintergrund seien offenbar massive Etatprobleme bei der Finanzierung von noch nicht begonnenen Verkehrsinfrastrukturprojekten. Die Strecke ist Teil des umstrittenen Bahnprojekts "Stuttgart 21".

Die jüngste aktualisierte Kostenschätzung der Bahn für die Schnellbahntrasse geht von Gesamtkosten in Höhe von knapp 2,9 Milliarden Euro aus. Das entspricht einer Steigerung um 865 Millionen Euro. Gegner des Bahnprojekts "Stuttgart 21" rechnen sogar mit bis zu fünf Milliarden Euro.

Aus dem Berliner Verkehrsministerium hieß es nach Angaben des Blatts bereits vor Wochen, man sei in intensiven Gesprächen mit den Partnern, um die Finanzierung der Mehrkosten sicherzustellen. Zu Details der Gespräche wollte sich ein Ministeriumssprecher auf Anfrage der «Stuttgarter Zeitung» jedoch nicht äußern.

Das Ansinnen des Bundes widerspricht den Verpflichtungen, die der damalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bei der Unterzeichnung der Finanzierungsverträge für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm im April 2009 auf Basis der damaligen Kostenkalkulation von 2,025 Millionen Euro eingegangen ist. Demnach muss der Bund über seinen Anteil von 925 Millionen Euro hinaus für sämtliche Kostensteigerungen allein aufkommen.

Wolfgang Drexler, der Sprecher des Bahnprojekts, ließ erklären, er gehe davon aus, dass der Bund seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen werde. Von Seiten des Landes hieß es nach Angaben des Blatts, sollte der Bund Nachforderungen stellen, widerspreche dies gutem Kaufmannsgebaren.

dpa