In Deutschland wächst der Mut zum Kind
Trotz der Wirtschaftskrise hat in Deutschland der Wunsch nach Familiengründung zugenommen. Das ist ein Aspekt aus dem neuen Monitor "Familienleben".

Während vor zwei Jahren 43 Prozent der Kinderlosen unter 50 Jahren Kinder haben wollten, sind es in diesem Jahr 52 Prozent, die diesen Wunsch äußern, wie sich aus dem "Monitor Familienleben 2010" des Instituts für Demoskopie Allensbach ergibt, den Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) am Dienstag in Berlin vorstellte. "Im Moment wächst der Mut zum Kind", sagte Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher.

Offensichtlich stellen jüngere Erwachsene auch weniger Bedingungen, die für die Familiengründung erfüllt sein müssen. 2007 gaben 72 Prozent der Befragten als unbedingte Voraussetzung an, dass einer der Partner beruflich in einer gesicherten Position sein muss. Gut die Hälfte (52 Prozent) sagte, beide Partner müssten ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben. Diese Werte sanken bei der Umfrage in diesem Jahr auf 66 bzw. 42 Prozent.

Überraschung bei Vollzeit arbeitenden Müttern

Zentrales Thema für Familien ist weiterhin die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie. 69 Prozent der Gesamtbevölkerung und 78 Prozent der Eltern sehen darin eine Kernaufgabe der Familienpolitik. Weit mehr als die Hälfte der Bürger (63 Prozent) sind der Ansicht, dass sich Beruf und Familie nicht gut vereinbaren lassen. Bei Müttern von Kindern unter 18 Jahren sind es 72 Prozent. Befragt nach der eigenen Betroffenheit sagen allerdings 64 Prozent der Vollzeit beschäftigten Mütter, Beruf und Familien ließen sich gut vereinbaren. Alleinerziehende mit Kleinkindern unter drei Jahren haben zu 47 Prozent die Erfahrung gemacht, dass sich Job und Kind nicht gut unter einen Hut bringen lassen.

Neben besserer Infrastruktur wie Kindergärten und Schulen mit langen Betreuungszeiten wünschen sich die Mütter und Väter vor allem flexiblere Arbeitszeiten und mehr Teilzeitangebote. 60 Prozent der berufstätigen Väter und 41 Prozent der Mütter wünschen sich kürzere Arbeitszeiten. Dabei will die Mehrheit keine Halbtagsstelle, sondern eine Wochenarbeitszeit von 30 bis 36 Stunden.

Familienministerin Schröder kritisierte die "familienfeindliche Präsenzkultur" in vielen Unternehmen. Mitarbeiter, die pünktlich gehen, um ihr Kind aus der Kita abzuholen, würden oft unter Druck gesetzt. "Dabei ist nicht entscheidend, wie lange jemand am Schreibtisch sitzt, sondern was er leistet", sagte Schröder.

Pflege von Angehörigen wird wichtiger

Im Oktober startet das Bundesfamilienministerium mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag die Initiative "Flexible Arbeitszeiten". Ziel sei, mehr Teilzeitstellen für Mütter und Väter zu schaffen, erklärte Schröder.

Neben dem Wunsch der Arbeitnehmer nach mehr Zeit für die Familie betrachten 87 Prozent der Bevölkerung die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege als wichtige Aufgabe. 74 Prozent sind der Ansicht, dass sich Beruf und Pflege schlecht vereinbaren lassen. Dennoch sind 65 Prozent der Bevölkerung und 76 Prozent der Befragten mit pflegebedürftigen Angehörigen der Meinung, dass die Pflege am besten von Familienangehörigen übernommen werden sollte. Nur fünf Prozent sprachen sich für ein Pflegeheim aus. Für die Untersuchung wurden insgesamt 1.800 Menschen befragt.

Schröder wertete diese Aussagen als Bestätigung für ihr Vorhaben, eine Familien-Pflegezeit einzuführen. Das Modell sieht vor, dass Arbeitnehmer für die Pflege eines Angehörigen zwei Jahre lang Teilzeit arbeiten und währenddessen 75 Prozent ihres Gehaltes bekommen. In den darauffolgenden zwei Jahren erhalten sie bei Vollzeit-Arbeit ebenfalls 75 Prozent Gehalt. Das Vorhaben wird derzeit in der Bundesregierung abgestimmt.

epd