"Der letzte Patriarch", 10. September, 20.15 Uhr im Ersten
Auch leichte Rollen kann man gut oder schlecht spielen. Selbst wenn sich also schon sonst nichts Gutes über den Zweiteiler "Der letzte Patriarch" sagen ließe: Allein wegen des Hauptdarstellers ist das Wirtschaftsdrama sehenswert. Mario Adorf ist vorgestern achtzig geworden, die ARD schenkt ihm den Film gewissermaßen zum Geburtstag.
Aber auch die Geschichte (Brigitte Blobel) hat ihren Reiz. Adorf spielt Konrad Hansen, den Patriarchen einer Lübecker Marzipan-Dynastie, der das Unternehmen auf Drängen seines jüngeren Sohnes Lars (Max Urlacher) nach China expandiert. Lars und nicht dem älteren Sven (Kai Scheve) überträgt Hansen auch die Geschäftsführung. Kaum ist in Shanghai eine Summe von immerhin 200 Millionen Euro investiert, kommt ein Plagiat auf den Markt, das dem Marzipan aus dem Hause Hansen nicht nur zum Verwechseln ähnlich sieht, sondern exakt genauso schmeckt. Das uralte Familienrezept ruht jedoch sicher im Tresor der Hausbank; es muss einen Verräter in den eigenen Reihen geben.
Diese durchaus spannende Handlungsebene hätte jedoch nur für neunzig Minuten gereicht. Der Rest der Sendezeit wird mit Intrigen, Eifersucht und Liebe gefüllt, so dass man sich mitunter in einer Vorabendserie wähnt: Lars hatte mal was mit Konrads weitaus jüngeren Frau (Ursula Karven), während der Patriarch immer wieder gern zu seiner Jugendliebe aufs Land flüchtet; Hannelore Elsner hat als geheimnisvolle Frau im Hintergrund neben Adorf die mit Abstands schönste Rolle. Außerdem gibt es noch ein dunkles Familiengeheimnis, das zwar bei Licht betrachtet längst nicht so furchtbar ist, wie alle zunächst tun, aber trotzdem als eigentliche Ursache für die Raubkopien herhalten muss.
Mitunter wirkt das Werk allerdings wie eine ARD-Dienstagsserie, wofür vermutlich Michael Steinke verantwortlich ist: Der Regisseur ist dank einer Vielzahl von Produktionen ein Experte für Auslandsdrehs und bevorzugt außerdem die leichten bis seichten Stoffe („Inga Lindström“, „Rosamunde Pilcher“, „Das Traumschiff“). Immerhin lernt man nützliche chinesische Weisheiten: „Nur Freunde helfen, das verschüttete Wasser zu sammeln.“
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).