Erster "Kirchentag Mensch und Tier in Dortmund"
Am Wochenende läuft der erste ökumenische "Kirchentag Mensch und Tier" in Dortmund. Dabei geht es um Würde und Wert von Tieren in unserer heutigen Gesellschaft.
29.08.2010
Von Anne-Kathrin Koppetsch

Würde und Wert des Tieres standen im Mittelpunkt des ersten ökumenischen "Kirchentags Mensch und Tier" in Dortmund. Zu der Veranstaltung hatte die "Aktion Kirche und Tier e.V." (AKUT) bundesweit eingeladen. "Kann es sein, dass wir als Menschen mit unserer Meinung über die Tiere irren?", fragte der katholische Priester und Zoologe Rainer Hagencord. Dass Tiere keine Seele haben, hätte die Kirche schließlich Jahrhunderte lang behauptet.

Noch deutlicher wurde der prominenteste Referent des Kirchentags, Eugen Drewermann. "Dass wir die ganze Welt in ein Schlachthaus verwandelt haben, ist Teil unserer falschen Ethik", wetterte er. Der Mensch habe sich selbst zum Maß aller Dinge gemacht und nehme seine Umwelt, auch die Tiere, ausschließlich mit Blick auf ihre Verwertbarkeit wahr. Schon in der Bibel kämen Tiere vor allem als Bestandteil der Speisegesetze vor. Hauptproblem sei das unersättliche Gewinnstreben der Menschen und ihr Mangel an Mitgefühl. "Seit ich einen Film über Viehtransporte gesehen habe, schmecken mir Tiere einfach nicht mehr", bekannte Pfarrer Ulrich Seidel, als erster Vorsitzender von AKUT mit verantwortlich für den Kirchentag.

Verantwortung für Tierschutz

Die Ambivalenz der Menschen im Umgang mit den Tieren wurde während der rund 50 Veranstaltungen an zwölf Orten immer wieder thematisiert. "Einerseits gibt es die Tiere, die das Glück haben unter dem Tisch, und andererseits die, die das Pech haben, auf dem Tisch zu landen." Zahlreiche Besucher und Besucherinnen hatten ihre Hunde mitgebracht. So wurde mancher Applaus des Publikums mit Hundegebell beantwortet. Das Problem, dass all diese Haustiere mit Futter von anderen Tieren ernährt werden, benannten die Referentinnen und Referenten zwar. Es konnte jedoch nicht gelöst werden. Einig waren sich alle darüber, dass der in der Verfassung 2002 fest geschriebene Tierschutz noch umgesetzt werden muss. Unterschriftenlisten für die Kastrationspflicht von Katzen machten die Runde. Die bekannte Tierschützerin Maja Prinzessin von Hohenzollern regte an, das deutsche "Kaninchen im Kindergarten" zum Exportschlager zu machen. Kinder sollten von klein an den Umgang mit Tieren lernen.

Auf dem "Markt der Möglichkeiten" präsentierten sich Tierschutzvereine ebenso wie Bioläden und die "Vegetarische Initiative". Der ebenfalls vertretene Verein "PROVIEH" setzt sich, wenn schon nicht für eine Ernährung ohne Tiere, dann wenigstens für eine artgerechte Haltung vor dem Schlachten ein. "Eine pragmatische Einstellung", räumt Henriette Böhm ein, "auch wenn sich die meisten unserer Mitglieder vegetarisch ernähren." Vertreten waren auch die Aiderbichler Lebenshöfe, eine Art Auffangstätte für verstoßene und misshandelte Tiere. Sie präsentierten anrührende und professionell produzierte Filme über Banti, das Wildschwein und Buski, den Hirsch.

Die Verantwortung der Kirche für den Tierschutz war eines der zentralen Themen. Insgesamt wirkte dieser erste Kirchentag für Mensch und Tier wie eine Informationsveranstaltung, trotz mitgebrachter Hunde und Agility-Show. Ausgelassenes Kirchentagsfeeling wollte nicht aufkommen. Die Besucherzahlen blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Mehrere Tausend waren angekündigt, gekommen waren schätzungsweise mehrere Hundert. "Nach den vielen Anrufen und Reaktionen im Vorfeld hatte ich mit mehr Resonanz gerechnet", zeigte sich Pfarrer Friedrich Laker enttäuscht. Er hatte den Kirchentag nach Dortmund geholt. "Ich habe gedacht, die Zeit ist jetzt reif dafür. Immerhin ist es ein Anfang!"

Manchen Streich spielte den Veranstaltern auch das Wetter: Der Eröffnungsabend auf der Festwiese fiel buchstäglich "ins Wasser". Just zu Beginn des Drewermann-Vortrags begann es zu gewittern. Hier zeigten sich die Veranstalter kreativ und holte das zahlenmäßig überschaubare Publikum kurzerhand auf die Bühne.

Besucherinnen und Besucher waren aus verschiedenen Regionen nach Dortmund gekommen, zum Beispiel aus den umliegenden Ruhrgebietsstätten und dem Sauerland, aber auch aus weiter entfernten Städten wie Stuttgart. Iris Hopff reiste aus Hamburg an, gemeinsam mit ihrer Freundin und den Hunden Lina, Bronski, Jolie und Fix: "Ich finde diesen Kirchentag toll!"


Anne-Kathrin Koppetsch arbeitet für die Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost.