Etwas mehr als 800 Euro im Monat für Alleinstehende, und gut das Doppelte für eine Familie mit zwei Kindern - wer von weniger leben muss, gilt in der Statistik als "armutsgefährdet". 14,6 Prozent aller Bundesbürger fielen 2009 darunter. Das waren zwar nur 0,2 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, eine leichte Zunahme, hieß es beim Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Nach der EU-Definition gilt als armutsgefährdet, wer von weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung lebt.
"Die wachsende Armut bei alt und jung wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem sozialen Sprengsatz, wenn die Politik nicht endlich gegensteuert", sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, in einer Mitteilung. Sie forderte die Bundesregierung auf, die Teile von Sparpaket und Gesundheitsreform zu stoppen, die dazu beitrügen, Armut und soziale Ausgrenzung zu verschärfen. Der Wohlfahrtsverband Volkssolidarität kritisierte den "fortgesetzten Sparkurs im sozialen Bereich". "Dass Armut für Millionen ein Dauerzustand ist, während Reiche immer reicher werden, bedroht den sozialen Frieden und die Demokratie", teilte Tilo Gräser von der Volkssolidarität mit.
Erwerbslose und Alleinerziehende tragen das höchste Risiko
Am stärksten trifft es die Erwerbslosen: Mehr als die Hälfte von ihnen hat ein besonders hohes Armutsrisiko. Bei Alleinerziehenden und ihren Kindern sind es mit 40 Prozent ebenfalls besonders viele. Deutliche Unterschiede gibt es danach in Deutschland noch immer zwischen Ost und West, aber auch weiterhin zwischen Nord und Süd. In den neuen Ländern und Berlin hat fast jeder Fünfte (etwa 20 Prozent) ein erhöhtes Armutsrisiko, im früheren Bundesgebiet sind es dagegen nur 13 Prozent.
Am geringsten ist die Gefahr, arm zu werden, in Bayern und Baden-Württemberg (je 11 Prozent). Auch Hessen (12 Prozent) lag noch unter dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer. In Mecklenburg- Vorpommern und Sachsen-Anhalt galt dagegen mehr als jeder Fünfte als armutsgefährdet, in Bremen genau jeder Fünfte.
Bei den Menschen im Rentenalter ist das Armutsrisiko hingegen im Westen höher: 13 Prozent der westdeutschen über 65-Jährigen und 10 Prozent der Ostdeutschen stehen statistisch an der Schwelle zur Armut. Das geringere Armutsrisiko der Ost-Rentner führen die Statistiker auf die längere Erwerbstätigkeit in DDR-Zeiten - auch der Frauen - und die damit verbundenen höheren Renten zurück.
Ost-West-Gefälle steht immer noch
Innerhalb der Risikogruppe der Erwerbslosen war Sachsen-Anhalt besonders stark betroffen: 70 Prozent der Menschen ohne Job stehen in diesem Bundesland an der Grenze zur Armut. Baden-Württemberg und Bayern kommen dagegen mit gut 40 Prozent erneut am besten weg. Eine Erklärung dafür hatten die Statistiker nicht.
Das Ost-West-Gefälle macht sich besonders bei den Alleinerziehenden bemerkbar. Während in Hessen und Baden-Württemberg rund jeder Dritte von ihnen von Armut bedroht ist, ist es im Osten (außer Berlin und Brandenburg) mehr als jeder zweite.
Berechnet man die Armutsgefährdung nicht am Durchschnitt der gesamtdeutschen Bevölkerung, sondern differenziert nach Bundesländern, entsteht ein anderes Bild: Dann ist das Risiko, arm zu werden, in Hamburg (18,0 Prozent) und in Bremen (15,9 Prozent) am höchsten und in Thüringen (13,0 Prozent) am niedrigsten.