Weiter Streit um Lutherfiguren - EKD nennt Kritik "humorlos"
Die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, hat die umstrittenen Wittenberger Lutherfiguren des Künstlers Ottmar Hörl verteidigt und die Kritik daran als "humorlos" bezeichnet.

Sie finde die Idee charmant, dass jeder sich seinen Luther unter den Arm nehmen kann, sagte Bahr der "Leipziger Volkszeitung" (Freitag). Luther werde auf diese Weise charmant "entheiligt", sagte Bahr. In den sogenannten Luther-Botschaftern sehe sie eine heilsame Provokation, die nötig sei, "um unsere gewohnten Bilder von der Welt ins Wanken zu bringen".

Die Aktion "Martin Luther - Hier stehe ich" war vor zwei Wochen auf dem Wittenberger Marktplatz eröffnet worden. Auf Initiative der EKD fertigte Hörl 800 Miniaturkopien des Wittenberger Lutherdenkmals in blau, rot, grün und schwarz an. Die im Volksmund "Lutherzwerge" genannten, rund einen Meter hohen Kunststofffiguren sollen das zur Restaurierung abtransportierte Denkmal ersetzen und zum Nachdenken über die Reformation anregen.

Schorlemmer: Ablasshandel mit Plastefiguren

Die Kunstaktion war bei einigen prominenten Kirchenvertretern auf heftige Kritik gestoßen. Der Unternehmensberater Klaus Kocks sagte, hätte Luther die Figuren gesehen, würde er "mit dem Tintenfass" nach den Initiatoren werfen. Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer bezeichnete die Aktion als "peinlich" und einen "Ablasshandel mit Plastefiguren". "Ich verstehe seine Kritik, aber ich finde die Reaktion humorlos", entgegnete Bahr. Die Resonanz bei der Eröffnung am 14. August war ausschließlich positiv.

Die EKD stellte am Donnerstag ein Buch zur Aktion "Hier stehe ich …" vor. Darin finden sich unter anderem Texte zu dem legendären Ausspruch Luthers, zur Geschichte des Schadow-Denkmals und ein Interview mit Ottmar Hörl. Fotos dokumentieren den Abbau der Denkmäler von Luther und Melanchthon sowie den Start der Kunstaktion. Herausgeben wird das Buch von der Stiftung Christliche Kunst, dem Wittenberger Kunstverein und der EKD-Geschäftsstelle. Die erste Auflage beträgt 1.500 Stück, ein Exemplar kostet 12,80 Euro.

Ökumenisches Zentrum in Luthers Taufkirche

In der Eislebener Taufkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546) soll unterdessen ein ökumenisches Taufzentrum entstehen. Dazu ist in der Petri-Pauli-Kirche unter anderem die Gestaltung eines neuen, in den Boden eingelassenen Taufbeckens vorgesehen, das durch Stufen zugänglich ist, teilte die evangelische Kirchengemeinde am Donnerstag mit. Das "Zentrum Taufe" solle sich für alle Praktiken der christlichen Taufe wie Übergießen, Eintauchen und Untertauchen eignen, hieß es. Baubeginn ist den Angaben zufolge noch in diesem Jahr.

Das neue Taufzentrum soll nicht nur Protestanten, sondern alle Menschen christlichen Glaubens sowie Pilger und Touristen zum Besuch einladen. Eisleben ist Geburts- und Sterbeort von Martin Luther. Er wurde am 11. November 1483, einen Tag nach seiner Geburt, in der Petri-Pauli-Kirche getauft. Der heutige Taufstein stellt einen Nachbau dar, der Fragmente des lutherischen Originals enthalten soll. Unweit der Kirche befindet sich ein Museumsensemble, in dessen Mittelpunkt das Geburtshaus steht. Das Gebäude ist ebenso wie das Sterbehaus des Reformators seit 1996 Weltkulturerbe der UNESCO.

epd