Unterdessen kritisiert die grüne Europaabgeordnete Barbara Lochbihler die Abschiebungen von Roma aus Frankreich. Es werde nicht unterschieden, ob sie französische Roma sind oder aus anderen europäischen Staaten stammen, sagte Lochbihler der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Donnerstag). "Der politisch angeschlagene französische Staatschef Nicolas Sarkozy will einfach im Bereich der inneren Sicherheit punkten", fügte die frühere Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland hinzu. Es herrsche eine Art Abschiebepopulismus in der Regierung Sarkozy wie auch in der italienischen Regierung.
Sarkozy inszeniere sich mit diesen kollektiven Abschiebungen als "autoritärer Macher", kritisierte Lochbihler. Nun wolle von den Abgeschobenen auch Fingerabdrücke nehmen lassen, um zu verhindern, dass die Menschen wiederkommen. Das sei eine unzulässige skandalöse Kriminalisierung einer Volksgruppe.
Roma-Vertretung fordert von EU klare Haltung
Der Präsident des Europäischen Zentrums für die Rechte der Roma, Robert Kushen, hat die Europäische Kommission für ihre zurückhaltenden Aussagen zu den Roma-Abschiebungen in EU-Staaten scharf kritisiert. "Die Diskriminierung der Roma ist kein neues Phänomen", sagte Kushen am Mittwoch dem epd. "Wir verlangen von der EU, dass sie die Roma als gleichwertige EU-Bürger behandelt."
In der vergangenen Woche hatte Frankreich mit der Abschiebung von rund 700 Roma begonnen. Auch in Italien und Dänemark wurden in diesem Jahr Roma des Landes verwiesen. Da viele die bulgarische, rumänische oder italienische Staatsbürgerschaft hätten, will das Budapester Roma-Zentrum eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof anstrengen, bestätigte Kushen. Die Abschiebung verstoße möglicherweise gegen EU-Recht.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding bezeichnete die Situation der Roma als ernst. "Die Staaten müssen sowohl die nationale Sicherheit gewährleisten als auch die Integration aller Europäer in ihrem Land", teilte Reding am Mittwochabend in Brüssel mit. Europa sei eine Gemeinschaft, in der Werte und Grundrechte geschützt werden. Die Europäische Kommission werde daher die Vorgänge genau beobachten, betonte Reding. Für die kommende Woche sei eine politische wie rechtliche Analyse geplant.
Zehn bis zwölf Millionen Roma leben in den Mitgliedsländern und den EU-Anwärterstaaten. Viele lebten in Armut, seien arbeitslos und hätten keinen Zugang zu Bildungseinrichtungen, sagte Kushen. Diskriminierung und Ausgrenzung der Roma seien an der Tagesordnung.
Nach Angaben der EU-Kommission wurden über 200 Millionen Euro seitens der EU und der Mitgliedsstaaten für Roma-Integrationsprogramme bereit gestellt. "Geld allein reicht nicht aus", sagte Kushen. "Die EU weißt nicht, wo Roma in Europa Hilfe brauchen." Kushen schlägt deshalb vor, dass die Mitgliedsstaaten sich zusammenschließen, um Informationen zur Lage der Roma in den Ländern zu sammeln. Die EU habe die Aufgabe, genau zu beobachten, in welche Projekte die Gelder fließen.