"Familie ist was Wunderbares", 23. August, 20.15 Uhr im Zweiten
"Familie ist was Wunderbares" (Regie und Kamera: Hans-Günther Bücking) ist sicher kein großer Film; manchmal wird ein Werk eben nur deshalb zum "Fernsehfilm der Woche", weil es montags im ZDF läuft. Trotzdem kann man sich in die Geschichte (Annemarie Schoenle) reinziehen lassen, selbst wenn die Autorin ihrer Heldin (Rita Russek) eine Menge zumutet. Gatte Ulrich (Karl Kranzkowski) hat sie wegen einer Frau verlassen, die etwa so alt ist wie seine Tochter. Die hat nun einen Bruder, der jünger ist als ihr eigenes Kind. Und weil sich Ulrich und Christine versprochen haben, Freunde zu bleiben, belästigt er ausgerechnet seine Ex-Frau, wenn er Rat und Hilfe braucht; erst recht, als Christines Nachfolgerin bei einem Verkehrsunfall stirbt. Auch die Tochter (Julia Maria Köhler) hat Eheärger: Ihr Mann ist nicht bereit, berufliche Abstriche zu machen, damit sie wieder ganztags arbeiten kann. Und schließlich ist da noch Christines Freund Toni (August Schmölzer), der Bürgermeister des kleinen Ortes, der für eine weitere Amtszeit kandidiert und dessen Bauamts-Chef in einen Korruptionsskandal verwickelt ist. Zu allem Überfluss verärgert Christines verbitterter Vater (Branko Samarowski) ständig sein Pflegepersonal. Sie alle merken nicht, dass ihrer Ex-Frau, Mutter, Freundin und Tochter der Lebenstraum zwischen den Fingern zerrinnt: Christine muss ihre geliebte Buchhandlung aufgeben. Immerhin kann sie den Chef (Horst Janson) der Kette, die den Laden übernimmt, davon überzeugen, sie als Geschäftsführerin einzustellen, aber zwangsläufig leidet ihre Arbeit darunter, dass alle dauernd an ihr zerren.
Wenn man trotzdem kein Mitleid für Christine empfindet, liegt das vor allem an der Darstellerin: Rita Russek verkörpert die Hauptfigur gewohnt resolut und derart tapfer, dass sie gar kein Mitleid braucht. Dank Russeks Erfahrung ist die Figur auch schauspielerisch ein Fels in der Brandung. Bei ihren Kollegen hingegen wirken die ohnehin gern mit literarischem Anstrich versehenen Dialoge mitunter aufgesagt, und die Statisten laufen doch sehr angestrengt durchs Bild.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).