Public Viewing: Hunderttausend Watt für Wagner
Wagner zum Nulltarif: Das Public Viewing macht es möglich. Am Samstag wird zum dritten Mal in Bayreuth eine Oper live aus dem Festspielhaus unter freiem Himmel gezeigt. Erstmals steht auch eine Aufzeichnung der Kinderoper "Tannhäuser" auf dem Programm.
16.08.2010
Von Manfred Präcklein

Der Aufwand für die Festspielnacht und die Live-Übertragung der Wagner-Oper "Die Walküre" im Internet ist gewaltig. Die LED-Wand auf dem recht tristen Volksfestplatz ist mit 90 Quadratmetern fast so groß wie das Bühnenportal auf dem Grünen Hügel. Für den Raumklang ist ein Meister seines Faches verantwortlich: Adolf Toegel, Professor für Beschallungstechnik an der Musikhochschule in Wien. Eine Verstärkeranlage mit rund 100.000 Watt und 60 Einzellautsprecher sollen im weiten Rund dafür sorgen, dass die einmalige Akustik in Wagners Festspielhaus möglichst authentisch und in höchster Qualität unter freiem Himmel vermittelt werden kann.

Erlebnisparcours für Kinder

Mit dem Public Viewing am kommenden Samstag kommt die Siemens Stiftung zum dritten Mal dem Anliegen Richard Wagners nach, seine Musik einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Erstmals wird außerdem - bereits am späten Vormittag - ein Kinderprogramm angeboten. Nach einer Aufzeichnung der Kinder-Oper "Tannhäuser" gibt es einen Erlebnisparcours: Maskenbilder werden die Jüngsten schminken; sie selbst können T-Shirts mit Motiven aus dem "Tannhäuser" und der "Walküre" bemalen oder mit Orchestermusikern Instrumente ausprobieren.

"Mit dem neuen Public Viewing für Kinder sprechen wir nicht nur die Musikliebhaber von Morgen an, sondern leisten auch einen Beitrag zur breiten Akzeptanz und zeitgemäßen Interpretation von Richard Wagners Werk", erläutert der Vorsitzende der Siemens Stiftung, Stephan Heimbach, das Konzept. Kinder sollen schon früh für die Welt der Oper begeistert werden und erfahren, dass Oper nicht immer nur Stillsitzen bedeutet.

Bis zu 20.000 Menschen

Beim Public Viewing können bis zu 20.000 Menschen gleichzeitig die Übertragung verfolgen. Im Publikum werden wie in den beiden Vorjahren eingefleischte Wagnerianer sein, die jahrelang auf Festspielkarten warten müssen, aber auch Menschen, die möglicherweise erstmals mit der Musik und einem Werk Wagners in Berührung kommen. "Wir wollen optisch und akustisch einen Erlebnisraum schaffen und für eine kurzweilige, ganz andere Atmosphäre der Festspiele sorgen", sagt Siemens-Sprecher Karlheinz Groebmair.

Die beiden einstündigen Pausen verknüpfen kulturelles und kulinarisches Genießen. Auf der LED-Wand wird ein Blick hinter die Kulissen des Festspielhauses geboten. Gleichzeitig können die Besucher sich mit Speisen und Getränken versorgen.

Acht ferngesteuerte Kameras im Orchestergraben und an den Logen liefern die Bilder auf den Volksfestplatz. Für bemannte Kameras ist im mit 1925 Besuchern ausverkauften Festspielhaus kein Platz. Lediglich bei der Generalprobe der "Walküre" standen zwei bemannte Kameras im Parkett, um zusätzliche Motive für die parallele DVD-Produktion zu liefern. Mehr als 50 Techniker hat Produktionsleiter Michael Dillmann im Einsatz. Probleme bereitete Bildregisseur Michael Beyer anfangs die relativ dunkle Bühne. "Ring"-Regisseur Tankred Dorst habe dann aber etwas mehr Licht in seiner Inszenierung zugelassen, berichtet er.

Live-Übertragung im Internet

Dillmann kann noch ein Novum vermelden: Das japanische Fernsehen überträgt erstmals ein Werk live aus dem Festspielhaus, auch wenn "Die Walküre" nach fernöstlicher Zeit dort erst um Mitternacht beginnt und im Morgengrauen endet. Mittlerweile Routine ist für Philipp Schock von der Firma Online-Congress die Live-Übertragung im Internet. Web-Nutzer erhalten gegen eine Gebühr von 14.90 Euro einen Zugangscode, mit dem sie die Live-Übertragung binnen 14 Tagen noch einmal On-Demand verfolgen können. "Das HD-Bild kann mit dem Fernsehbild absolut konkurrieren", betont Schock.

Mittlerweile reichen die Pläne für die Live-Übertragungen aus dem Festspielhaus bis in das Jahr 2013. Nach "Lohengrin" 2011 und "Tannhäuser" 2012 sollen in drei Jahren alle vier Werke des "Ring des Nibelungen" auf dem Volksfestplatz gezeigt und im Netz übertragen werden.

dpa