Deutscher UN-Berater: Staaten gängeln Religionen
Der neue deutsche Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit bei den Vereinten Nationen will gegen Behinderungen für religiöse Minderheiten vorgehen.
13.08.2010
Gespräch: Jan-Henrik Petermann

"Es ist auffällig, wie Länder höchst unterschiedlicher Prägung religiöse Vereinigungen zu einer offiziellen Registrierung zwingen", sagte der Theologe und Rechtsphilosoph Heiner Bielefeldt in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Dies öffne einer bürokratischen oder politischen Gängelung Andersgläubiger Tür und Tor. "Freie Ausübung von Religion ist ein Menschenrecht und muss immer Vorrang haben", betonte der Erlanger Universitätsprofessor.

"Zulassung" für Religionsfreiheit

"Es ist meine Aufgabe, Regierungen mit Defiziten zu konfrontieren", erklärte der frühere Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin. "Wichtig ist es auch, ein Frühwarnsystem aufrechtzuerhalten und zu schauen: Wo braut sich etwas zusammen?" Bei Länderbesuchen werde er zudem Kontakt zu religiösen Minderheiten suchen, sagte Bielefeldt.

Während seiner dreijährigen Amtszeit will sich der Menschenrechtsexperte für ein freies religiöses Leben in allen Staaten einsetzen. "Viele Länder sagen: Religionsfreiheit schön und gut - aber dazu muss man sich bitte erstmal bei uns anmelden." Die Registrierung ermögliche jedoch oft das Verhängen von Geldstrafen, Durchsuchungen oder sonstige Schikanen. "Dieses Muster ist dominant, zum Beispiel in Weißrussland, Vietnam, Ägypten. Die öffentliche "Zulassung" ist ein Instrument, mit dem man Religionsgruppen gezielt kontrollieren und behindern kann."

Öffentliche Sichtbarkeit der Religion

Im Rückblick auf das umstrittene Schweizer Minarett-Verbot äußerte sich Bielefeldt kritisch: "Zum Menschenrecht der Religionsfreiheit gehört auch die öffentliche Sichtbarkeit der Religion", mahnte er. "Wenn ein Staat da eine bestimmte Religion herausnimmt, hat das schon einen Aspekt von Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit."

Auch das Verbot der vollständigen Verschleierung von Frauen in Belgien sieht der UN-Sonderberichterstatter skeptisch. "Ist die Burka an sich unvereinbar mit der Gleichberechtigung der Geschlechter? Ich habe Zweifel, ob das beschlossene Gesetz da wirklich hilfreich ist."

Bielefeldts Aufgabe ist es, den UN-Menschenrechtsrat und die Generalversammlung darüber zu informieren, wie es in den verschiedenen Ländern um die Religionsfreiheit steht. In dieser Funktion hat er die Pakistanerin Asma Jahangir zum 1. August abgelöst.

dpa