Sachsen: Kloster und Dörfer stehen unter Wasser
Das verheerende Hochwasser bahnt sich seinen Weg von Sachsen in Richtung Brandenburg. Mehrere Dörfer sind evakuiert, am Kloster St. Marienthal ist Millionenschaden entstanden.

Die Hochwasserwelle der Neiße rollt weiter gen Norden. Mehrere Dörfer nördlich von Görlitz wurden am Montag überflutet. In Bad Muskau bangten die Menschen um den Fürst-Pückler-Park, der zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Dort war der Hochwasserscheitel am Montag angekommen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte den Opfern der Katastrophe bei einem Besuch des Schienenfahrzeugherstellers Bombardier in Bautzen eine mögliche Hilfe des Bundes in Aussicht. Das Werksgelände war von den Wassermassen der Spree überflutet worden.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich war am Montag ebenfalls in der Krisenregion. Die Aufnahme des Schadens und die Wiederherstellung zerstörter Infrastruktur sind nach seiner Einschätzung die wichtigsten Aufgaben. Er wehrte sich gegen Vorwürfe, der Freistaat tue zu wenig für den Schutz vor Flutkatastrophen. Nach Besuchen mehrerer Minister in betroffenen Regionen wollte sich sein Kabinett am Nachmittag zu einer Lagebesprechung treffen.

Sachsen habe nach der Flutkatastrophe 2002 rund zwei Milliarden Euro investiert, erläuterte Tillich in Zittau. Deiche seien verlegt, saniert und neu gebaut worden. "Aber einen absoluten Hochwasserschutz kann es nicht geben", sagte er nach Angaben eines Sprechers. Katastrophenschutz-Kräfte und Behörden hätten schnell und effektiv reagiert.

Es sei kritisch nachzufragen, ob alle Maßnahmen ausreichend waren, sagte dazu Innenminister Markus Ulbig (CDU). Er sieht Reserven beim grenzüberschreitenden Informationssystem. Die Schadensbeseitigung sei Gemeinschaftsaufgabe aller Deutschen. Sachsens Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau kritisierte das Alarmsystem. Die Warnung der Menschen sei unzureichend gewesen, sagte sie dem Sender MDR INFO. Es solle darüber nachgedacht werden, alle Kommunen zu verpflichten, eine Sirene anzuschaffen.

Millionenschaden im Kloster Marienthal

Die Neiße hat unterdessen die vor Bad Muskau liegenden Dörfer Podrosche und Sagar überflutet. "Sie stehen unter Wasser", sagte Andreas Johne vom Katastrophenschutzstab des Landkreises Oberlausitz- Niederschlesien in Niesky. Dort seien die Deiche unter dem Druck der Wassermassen gebrochen. Die Orte waren zuvor geräumt worden. Etwa 80 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Auch etwa 40 Menschen in besonders tief liegenden Gegenden in Bad Muskau mussten ihre Häuser verlassen. Dort war das Unesco-Weltkulturerbe Fürst-Pückler-Park bedroht.

Mehrere Millionen Euro Schaden richtete das Neiße-Hochwasser im Zisterzienserinnenkloster St. Marienthal in Ostritz bei Görlitz an. Das Internationale Begegnungszentrum sprach von der schlimmsten Überschwemmung seit der Kloster-Gründung 1234.

Dabei sorgten Tagebauseen in der Lausitz für Entlastung der Flüsse. So wurde Wasser der Neiße etwa in den Berzdorfer See im Süden von Görlitz gelenkt.

In schwer getroffenen Städten wie Görlitz oder Zittau gingen die Wasserstände weiter zurück. Dort konnten viele Menschen in ihre Häuser zurückkehren. Das wegen Überflutung abgestellte Wasserwerk Görlitz nahm den Betrieb wieder auf. Auch die Stromversorgung funktionierte zum Großteil wieder.

Keine Gefah in Dresden

Im Erzgebirge und in Chemnitz verschafften sich die Behörden einen Überblick über die Schäden. Mauern seien eingebrochen, Böschungen abgerutscht, sagte Christian Zschammer von der Flussmeisterei. Am Dienstag solle damit begonnen werden, die Flussläufe von Geröll und Baumstämmen zu befreien.

In Dresden bestand trotz steigender Elbe-Fluten keine Gefahr. "Solange wir die Alarmstufe 3 nicht erreichen, gibt es keinen Grund zur Panik", sagte der Sprecher der Stadtverwaltung, Kai Schulz. "Die Lage ist relativ undramatisch." Am Mittag wurden 5,35 Meter bei leicht steigender Tendenz gemessen. Es war keine wesentliche Erhöhung bis Dienstag mehr vorausgesagt. Normal sind zwei Meter, 2002 stieg der Fluss auf 9,40 Meter an.

Die Fluten von Spree und Neiße erreichten unterdessen langsamer als früher erwartet Brandenburg. Die größeren Überschwemmungen in Sachsen hätten das Hochwasser zunächst gebremst, sagte Wolfgang Genehr vom brandenburgischen Landesumweltamt.

Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl hat zu Spenden für die Flutopfer in Sachsen, Polen und Tschechien aufgerufen. "In besonderer Weise gelten unsere Gebete den Todesopfern, die die Fluten gefordert haben, und ihren Angehörigen", erklärte der evangelische Theologe am Montag in Dresden. Er hoffe auf eine ähnliche Hilfsbereitschaft der Menschen wie bei der Elbeflutkatastrophe im Jahr 2002.

Spenden können unter dem Kennwort "Flut Sachsen 2010" auf das Konto Nr. 100030101 bei der Landeskirchlichen Kreditgenossenschaft Sachsen (BLZ 85095164) überwiesen werden. Für Opfer in den Nachbarländern werden Spenden unter der gleichen Bankleitzahl und der Konto-Nr. 100100100 mit dem Kennwort "Flut Polen/Tschechien 2010" erbeten.

dpa/epd