In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa hielt Detlef Wetzel, der Zweite Vorsitzende der Industriegewerkschaft, Metall, den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie vor, sie verstießen mit der massenhaften Einstellung von Leiharbeitern gegen den "Geist des Krisenpaktes" in der zentralen deutschen Industriebranche. "Die Unternehmen organisieren die zusätzliche Beschäftigung im Aufschwung weit überwiegend mit Leiharbeitern", sagte Wetzel. Dies sei unter anderem am schwunghaften Anstieg der offenen Leiharbeitsstellen bei den Arbeitsagenturen abzulesen. "Es ist klar zu erkennen, dass die Arbeitgeber in den Betrieben eine zweite Niedriglohnlinie etablieren wollen", erklärte Wetzel.
"Moderne Ausbeutung"
Im Herbst will die Gewerkschaft die Leiharbeit und den Niedriglohnsektor zum Thema machen. "Die Politik steckt bei diesem Thema in einer großen Legitimationskrise", sagte Wetzel. Die Bevölkerung habe längst erkannt, dass es sich bei Leiharbeit um eine "moderne Form der Ausbeutung" handele. Mit Druck in den entleihenden Betrieben und über den Gesetzgeber müsse der Missbrauch der Leiharbeit beendet werden. Zudem werde sich die Gewerkschaft für die gerechte Bezahlung von Leiharbeit und für Mindestlöhne stark machen.
Der frühere Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) verlangte im "Hamburger Abendblatt" (Montagsausgabe) eine Reform der gesetzlichen Regelungen zur Zeitarbeit. Wenn zum Beispiel in Hamburg mehr als die Hälfte der bei der Arbeitsagentur registrierten offenen Stellen aus dem Bereich der Arbeitnehmerüberlassung stammten, dann gehe es wohl vielfach um Lohndumping und die Begrenzung von Arbeitnehmerrechten.
"Über Regulierung nachdenken"
Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Ingrid Fischbach (CDU) sagte der Zeitung: "Sollten die Arbeitgeber Zeitarbeit nicht als vorübergehendes Flexibilisierungsinstrument einsetzen, sondern stattdessen reguläre Beschäftigung dauerhaft mit Zeitarbeitnehmern ersetzen, dann muss die Politik über Regulierungen der Zeitarbeitsbranche nachdenken."
Zeitarbeits-Manager Schulz berichtete: "Immer noch werden Mitarbeiter vorsätzlich falsch eingruppiert, systematisch wird mit Krankenstand und Urlaubsansprüchen getrickst, um einsatzfreie Zeiten zu unterlaufen, die die Unternehmen eigentlich bezahlen müssten, oder um geringfügig Beschäftigte länger einzusetzen als erlaubt." Es liege an der Branche und den Unternehmen, das zu ändern. USG People ist nach eigenen Angaben in Europa der viertgrößte Anbieter und gehört dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) an.
Branche unter Druck
Schulz sprach sich auch dafür aus, mit der Politik über den Grundsatz des "Equal-Pay" zu diskutieren, also der von den Gewerkschaften verlangten gleichen Bezahlung von Leih- und Stammkräften. Das werde die Branche nicht ruinieren. Hier agierten die Verbände bislang zu defensiv. "Wir müssen dem Eindruck entgegenwirken, dass wir Geld damit verdienen, dass wir Menschen schlecht für ihre Arbeit bezahlen", wird Schulz zitiert. Die Branche stehe enorm unter Druck und müsse beweisen, dass es auch anders gehe.
Bislang werden Zeitarbeiter in der Regel nach dem Branchentarifvertrag bezahlt. Eine gleiche Bezahlung im Vergleich zur Stammbelegschaft ist auf freiwilliger Basis möglich und wird auch von verschiedenen Zeitarbeitsfirmen angeboten.